Montag, 5. Juni 2017

"Unsere kleine Farm" - 2017-06-05

Hitze - Hitze und noch einmal Hitze und das ganze Jahr kaum Niederschlag!

Ich frage mich die letzten Tage immer wieder, was Menschen veranlasst in der Wüste zu leben. Die letzten Tage wurde mein Wasser knapp und gestern Abend war die Zisterne endgültig leer und so hieß es Wasser schleppen. Mal huckepack und dann wieder mit der Schubkarre den Berg hinauf. Bei rund einhundert Tieren kommt einiges an Wasserbedarf zusammen. Ganz zu schweigen, daß eigentlich im Haus auch noch geputzt, gewaschen, abgewaschen, geduscht oder auch nur das stille Örtchen bedient werden müsste. Doch die Tiere und Menschen gehen vor und das bedeutet - wenn morgen der Tankwagen endlich kommt - klar Schiff machen ... und es ist zwangsweise einiges liegen geblieben. - Doch wie machen das die Menschen in der Wüste??? Zumal diese oftmals noch weiter zum Wasser gehen müssen als ich es mit meinen rund fünfhundert Meter.

Die Tiere macht die Hitze und die Trockenheit ganz kirre. Die Schafe und die Ziegen waren heute auf der Außenweide kaum im Zaum zu halten. Ein Tier war mir heute glatt abhanden gekommen. Ich hole seit einiger Zeit die Herde in der Mittagshitze zurück ins Gehege und in den Schatten. Als ich heute Abend noch einmal mit ihnen auf die Weide ging, stellte ich fest, dass ein Tier am Morgen draußen geblieben war. Da wurde mir auch klar, warum unser Hütehund aufmerksam den Zaun beobachtet hatte. Ansonsten war er in den letzten Tagen keine große Hilfe. Hobby war kaum zum Hüten, geschweige denn zum Hereintreiben zu animieren. Der blieb einfach im Schatten des Baumes liegen, tat so als sei er taub oder auf einem anderen Stern ... und ich musste laufen ...

Die Hitze und die Trockenheit macht nicht nur den Tieren, sondern auch den Pflanzen zu schaffen. Meine Erdbeeren haben Herbstlaub. Die Tomatenpflanzen sind nicht mehr zu retten. Doch erstaunlicher Weise wächst das Unkraut und irgendwelche Schnecken laben sich an den Tagetes und dem Kraut der Möhren. Diese Pflanzen werden normalerweise nicht angenagt. Es zeigt sich auch welche Kraft die Natur hat. So keimen trotz Wassernot manche Samen und das Unkraut braucht scheinbar kein Wasser :-(
Gibt es eigentlich schon genmanipulierte Unkräuter? - Damit kämen die Kleingärtnerkriege in eine neue Dimension ... bislang kenne ich nur Episoden wie: "Ich schmeiss Dir Brennnesselsamen in den Garten, weil Du Deine Schnecken in meinen Gemüsegarten umgeleitet hast" - doch genmanipuliertes Unkraut ... tja das eröffnet ungeahnte Dimensionen ... ;-) - Aber zum Glück sind mir solche Nachbarn fern. Obwohl wir auch schon mit einer Anzeige konfrontiert wurden, daß angeblich unsere Schweine Nachbars Gemüsegarten geplündert hätten. Zur Verteidigung der Nachbarin muss ich anführen, dass sie aus der Stadt kommt. Sonst hätte sie gewusst, daß Schweine ihr Gemüse sicher nicht fein säuberlich abgenommen, sondern auch noch gleich ihren kompletten Garten umgepflügt und entwurzelt hätten. - Es müssen wohl zweibeinige Schweine gewesen sein, die die Nachbarin um den Lohn ihrer Ernte gebracht hatten. Mir ist auch ein solcher Ernteverlust widerfahren. Ich wohnte damals in einem Haus, das an einem Hang gebaut worden war. Von der oben liegenden Strasse war der Garten nicht einsehbar und unterhalb standen Häuser, die mit Zäunen von meinem Garten abgetrennt waren. Auch von dort konnten eigentlich niemand in den Gemüsegarten sehen. Als ich abends heimkam, sah mein Garten wie frisch gemäht aus - auch mein Gemüsegarten! Nachdem ich schon ein paar Mal mit ungarischen Gärtnern konfrontiert worden war, die alles abmähten was grün und größer als zehn Zentimeter, auch Tomatenstauden und frischgepflanzte Rosenstöcke, die sie selber gepflanzt hatten ... schwante mir schon Schlimmes ... dann war ich dann doch baff erstaunt ... nicht der Gärtner hat gemäht, sondern irgendein Strolch hatte mir alle meine Karotten aus dem Boden geklaut. Obendrein hatte er meine Pflanzen in den großen Bottichen fein säuberlich ausgetopft, sie sorgsam auf die Erde gelegt und ist mit meinen Töpfen auf und davon. Ich hingegen hatte Mühe neue in dieser Größe zu bekommen. Solche gab es hier in Ungarn damals nicht. Meine Pflanzen fristeten wochenlang ein Dasein in den provisorischen Mülltüten-"Töpfen".

Nun aber zurück zur Hitze und ihre Auswirkungen. Vorgestern wurde ich von einem Krachen aufgeschreckt, konnte mir aber keinen Reim auf dieses ungewöhnliche Geräusch machen, auch konnte ich die Herkunft nicht ausmachen, Als ich später ins Gehege ging traute ich meinen Augen nicht, Schafe und Ziegen standen in einem engen Pulk zusammen und als ich näher kam, musste ich zwei Mal hinschauen und es dauerte eine Weile bis ich realisierte was ich sah: Ein großer Aprikosenbaum war in zwei Hälften zerborsten. Ein Teil stand noch und der andere Teil lag mit allen Blättern und rund fünfzig Kilo unreifen Aprikosen am Boden. Daran labten sich nun die Schafe und Ziegen. Da kam Freude auf! Bei den Tieren, aber nicht bei mir. In meinem Kopf ratterte nicht nur die Zahlen des Ernteausfalls, ich fragte mich auch wie das passieren konnte. Erst dachte ich daran, dass die Ziegen vielleicht die Äste herunter gezogen hatten. Doch bei näherer Betrachtung sah ich daß der Baum regelrecht gespalten wurde, wie nach einem Blitzeinschlag. Es war aber kein Gewitter. Offensichtlich hat die Hitze dem Baum derart zugesetzt, daß sich der Stamm wie ein Korkenzieher gedreht hat und der Stamm durch die Trockenheit regelrecht auseinander gerissen worden war.



 - Sachen gibt es, die glaubt man kaum! -

Gestern gab es die nächste hitzebedingte Hiobsbotschaft. Als ich mittags den Schweinen noch einmal Wasser nachfüllen wollte, lag Frieda unsere Ausbrechersau tot im Stall. Ich hatte eigentlich mit dem Wurf der Ferkel gerechnet und nicht damit, daß Frieda, gerade einmal zwei Jahre alt, sich ins Regenbogenland verabschiedet. Wieder ratterten die Gehirnwindungen: nun stand ich da, ich armer Tropf, am Pfingstsonntag mit einem totem rund einhundertfünfzig Kilo schweren Schwein in glühender Mittagshitze, ganz alleine, da Männe in weiter Ferne weilt ... als ich mich langsam aus meiner Erstarrung gelöst hatte, fiel ich erst einmal in ein "Sch... - warum muss gerade mir das passieren und dann auch noch an einem Feiertag"-Loch. Just da rief eine Freundin an, erdete mich wieder und half mir, dass bei mir mein Verstand wieder einsetzte. Sie suchte mir dann auch noch die Nummern der Abdeckerei heraus. Was nun folgte war ein "Buchbinder Wanninger Prinzip", das darin gipfelte, daß ich nicht nur einmal daran erinnert wurde, daß schließlich Feiertag sei, sondern brachte mir auch noch die Erkenntnis, daß ich mir die ganze Telefoniererei hätte sparen können. Einer meinte, daß sie das Tier am Freitag abgeholt hätten oder erst wieder nach Pfingsten am Dienstag! Da konnte ich es mir nicht verkneifen zu sagen, daß ich vergessen hätte, der Sau zu sagen, daß sie nur am Freitag bis vierzehn Uhr oder am Dienstag ab sieben Uhr das Zeitliche segnen darf :-( - Auf meine Frage, was ich nun bis zum Dienstag mit dem Schwein machen solle, kam erst einmal die Antwort, daß er das auch nicht wüsste und dann folgte der Vorschlag, ich sollte das Tier aus dem Stall ziehen und irgendwo abseits deponieren ... Ah ha! ... und das bei ca. fünfunddreißig Grad Hitze! ... als ich meinte, daß es dann anfänge zu stinken und ich es ja nicht einfach irgendwo begraben kann, bekam ich als Antwort, daß er mir da auch nicht weiterhelfen könne, es sei ja schließlich Feiertag und am Dienstag kőnnten sie es abholen ... - ... - ... soviel zum Thema Seuchenschutz! ... Ich bin der Meinung, daß es in diesem Fall einen Notdienst bedarf. Hier hat fast jeder Haushalt mindestens zwei, meistens große Hunde und oftmals auch Nutztiere. Kaum jemand wird über einen geeigneten Kühlraum verfügen. Jetzt stellt man sich mal vor, da verreckt so ein Rind von rund fünfhundert Kilo. Mit dem Verwesunggeruch kann man einen ganzen Ort tagelang betäuben! Zwei Tage in glühender Hitze, da läuft der Kadaver schon von ganz alleine. ... und im ungünstigsten Fall gelangt die Brühe noch in die nächsten Trinkwasserbrunnen. Igitt! - Doch wenn dann wirklich etwas passiert, dann darf man mit kräftigen Strafen rechnen. - Irgendwo liegt da die Kruks im System! - Ich hatte Glück im Unglück: Ein Metzger riet mir, das frisch am Hitzschlag verstorbene Schwein zu zerlegen und zu Hundefutter zu verarbeiten. So hatte wenigstens einige etwas davon. Doch mir blutete das Herz als ich das richtig gutgewachsene Fleisch sah und an den Schinken und Speck dachte, der daraus geworden wäre. Richtig traurig wurde ich, als ich bemerkte, daß sie neun Ferkel mit ins Regenbogenland genommen hatte. - Da zieht man ein Tier zwei Jahre lang auf und als sich langsam die Mühe in bare Münze bezahlt machen könnte, endet es in einem Fiasko und einem nicht unerheblichen finanziellen Verlust. Sch...! -

Das bringt auch ein Landleben mit sich: irgendwann lernt man zu sagen:

 "Es ist halt so geschehen und ich kann nichts daran ändern"
und ich für meinen Teil habe gelernt, schneller mit der Vergangenheit abzuschließen und die Geschehnisse als Vergangenheit abzulegen, die sich nicht mehr ändern lassen. Mir ist dabei auch bewusst geworden, wieviel Altlasten ich mit mir herum geschleppt hatte.

Fiel Euch schon einmal auf, wieviele Menschen, Erlebnisse aus ihrer Vergangenheit als Entschuldigung nehmen für ein Fehlverhalten oder nicht Handeln in der Gegenwart? Frei nach dem Motto "Er hatte eine schwere Kindheit, deshalb..." - "Sie hat in ihrer letzten Beziehung schlechte Erfahrungen mit Männern gemacht, darum..."-

Ist es nicht vielmehr so, daß jeder in der Gegenwart jederzeit verantwortlich ist für seine Entscheidungen -
im Hier und Jetzt?

Ich habe seit früher Jugend ein Lebensmotto: "Egal wie ich mich irgendwann einmal entschieden habe, ungeachtet dessen, welche Konsequenzen meine Entscheidung hatte - positive wie auch negative - meine Entscheidung war richtig. Denn sie war richtig zu dem Zeitpunkt als ich sie traf ...


- Copyright Julietta Günther -

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