Samstag, 25. November 2017

"Unsere kleine Farm" - 2017-11-25

Heute ist bei unseren Tieren "Red Nose Day"!

Meine Freundin hat heute ihren Garten gesäubert, die letzte Ernte eingebracht und ich bekam die Reste für die Viecher: Kohlrabiblätter, Karottengrün, Paprikapflanzen usw.. Unter dem"usw" waren auch jede Menge kleiner Rote Beete Knollen und einen ganzen Sack voll Blätter. Ein Festschmaus für alle Tiere. - Nun haben alle rosarote Schnauzen. Weißer Hase mit Rosa Nase, Ziegen mit roten Schlappermäulern, Schafschnauzen rosa eingefärbt.- Bei den Hunden hätte die Futterergänzung beinahe den Tierarzt auf den Plan gerufen. Den Hunden koche ich immer die Schalen von Kartoffeln, Kohlblätter, Kartoffeln oder sonstige Gemüsereste, so eben auch die kleinen rote Beete Knollen und die Blätter. Diese Gemüsereste mische ich unter das Trockenfutter. Die Hunde lieben das. Wenn dann auch noch gekochte Hühnerköpfe, -Füße, -flüchtel dabei sind, sind die Futternäpfe ratzfatz leer. Nun wenn das Futter an der einen Stelle aufgenommen wird, kommt es an einer anderen Stelle wieder raus. Natürlicher Vorgang! Rote Beete im Futter und ich bekam einige Stunden später einen Schreck: "Hunde haben Blut im Stuhl!"  --- irgendwann nachdem sich der erste Schrecken gelegt hat, kam mir in den Sinn, was sie gefressen hatten --- - Irren ist menschlich! ;-)

... und hier noch ein paar Gartenimpressionen ...

Erdbeerblüte im November

Die letzten Rote Beete Rüben sowie der Wintersalat, gleichermassen der erste Kopfsalat im kommenden Jahr
Ein Farbtupfer im trüben Winterwetter



Copyright Julietta Günther

Freitag, 10. November 2017

"Unsere kleine Farm" - 2017-11-10

Die Vögel ziehen gen Süden!

Vor kurzen zogen riesige Schwärme Stare über uns hinweg, Schwärme, wie große schwarzeWolken, die in Wellen über den Himmel zogen und scheinbar ständig ihre Richtung änderten.

Nun krächzen Vogelformationen am Himmel, oft kilometerweit zu hören und manchmal nur als  winzige Punkte in weiter Ferne zu erkennen. Woher sie wohl kommen und wohin sie fliegen. Wildgänsen und Kraniche auf dem Weg in den Süden, fast möchte ich ihnen zurufen "Nimmt mich mit. Wartet auf mich und laßt mich auf Euren Flügeln mitfliegen." - In mir steigt Fernweh auf, Erinnerungen an meine Reisen auf den afrikanischen Kontinent kommen mir in den Sinn. - Ich stehe am Boden und mit wehem Herzen sehe ich ihnen nach bis sie in den Ferne verschwinden.

Fasziniert beobachte ich die Formationen. Die Vögel formierten sich wie eine Pfeilspitze. Ein Vogel flog an der Spitze, eine abgetrennte Gruppe bildete die Nachhut und interessanter Weise flogen in jedem Schwarm vier Tiere separat. Wer weiß, vielleicht sind sie die Flug-Kommandozentrale?

Als ich hier her kam, war ich anfangs etwas verwirrt: Vögel, die in Deutschland das ganze Jahr sind, überwintern hier.  Kürzlich kamen die Meisen. Nach all den Jahren, die ich hier lebe, sind inzwischen die kleinen Sänger für mich Boten aus der alten Heimat.

Immer mehr Meisen und Spatzen kommen an - doch längst sind es nicht mehr so viele wie vor ein paar Jahren. Traurig! Viele dieser kleinen Sänger sind von der Welt verschwunden, an manchen Tagen ist die Stille schmerzhaft spürbar und ich vermisse, das oft ohrenbetäubende Morgenkonzert von früher. Dieses Jahr tauchten seit Jahren wieder ein paar wenige Schwalben auf, doch auch diesen Sommer blieben die meisten Storchennester leer. Als ich Mitte der achtziger Jahren das erste Mal nach Ungarn kam, begeisterten mich die Dörfer in denen auf nahezu jeder Strassenlaterne ein bewohntes Storchennest war. Lange her, längst schon Geschichte und es wird vermutlich nie wieder so werden. Damals gab es auch noch Graureiher - ja damals ...

... und heute? Immer weniger Vögel und von den Bienen will ich lieber garnicht reden. Drei Jahre hintereinander blieben die meisten Blüten der Obstbäume unbefruchtet. Es fehlten die kleinen fleißigen Insekten.

Aber zurück zu den Wildgänsen und Kranichen. Ich las, daß die Vögel sich an der Sonne, den Sternen und dem Magnetfeld orientieren. Was ich aber am meisten erstaunt hat, daß sie meistens nachts fliegen. Eigentlich müssten die Tiere nach meinem Verständnis sich ständig verfliegen, bei so vielen Fremdlichtern der Städten und Autos. - Bei mir ist es gerade anders herum: ohne die Fremdlichter wäre ich nachts vermutlich gänzlich aufgeschmissen.

Manchmal frage ich mich sowieso, wer ist eigentlich der Schlauere? Die Tiere oder wir Menschen? Wenn ich meine Tierschar so anschaue, dann bin ich mir manchmal garnicht so sicher. Die Tiere wissen genau, was sie fressen können und was nicht. Wir Menschen haben da deutlich ein Defizit. Unsere "dummen" Hühner wissen ganz genau, daß in meiner Jackentasche eine Tüte mit Hundefutter steckt. Sobald ich nur die Hand hineinsteckte, steht Hahn und Huhn neben den Hütehunden und passen auf, daß sie etwas ergattern können.  Die "dumme" Gans kennt den Ausgang zur Außenweide und wartet darauf, daß ich einen Augenblick nicht auf sie achte und sie nach draußen entwischen kann. Das hat schon Methode! Witzig finde ich es,  wenn ich sie auf ihrem Weg ertappe. Dann nämlich macht sie einen auf harmlos und wechselt ganz unbeteiligt die Richtung - bis - ja bis ich ihr wieder den Rücken zudrehe ... Raffiniertes Vieh!

Die Schweine kletterten an der Stallwand wie auf einer Leiter empor, um dann über das Dach des Schweinestalls zu laufen und auf der anderen Seite außerhalb des Geheges wieder runterzuklettern, dann schwabbelten sie unter dem Aussenzaun durch, ab ins Maisfeld und ich bekam Ärger mit dem Nachbarn. Sämtliche Versuche sie davon abzuhalten scheiterten. Jede Möglichkeit, die wir ihnen nahmen, quittierten sie mit einer neuen Ausbruchsvariante. Nach ein paar dieser unerwünschten Ausflüge, hatte ich es spitzbekommen, daß die Tiere sich vor ihrem Ausflug "unterhielten" und ich konnte rechtzeitig eingreifen. Allerdings bei einem der letzten Sauausflüge, stand Sau auf dem Dach, während ich durch das ebensolche brach und auf dem Wildschweineber landete! Resultat: Einhundertdreißig Kilo Sau verschwand lockerflockig und recht elegant durch ein 30x30 Zentimeter großes Loch in den darunterliegenden Stall, während ich mir mehrere Rippen brach, eine Niere quetschte, die Schulter auskugelte und obendrein noch zappelnd auf dem Eber stehend versuchte mich wieder durch das Dach nach oben zu stemmen. Keine Frage, wer da die bessere Figur machte ...

Copyright Julietta Günther

Mittwoch, 1. November 2017

"Unsere kleine Farm" - 2017-11-01

Heute ist Allerheiligen.

Als ich vor vielen Jahren das erste Mal in dieser Zeit hier war und in der Dunkelheit durch die Dörfer fuhr, wunderte ich mich. Überall gab es Gebiete, die hellerleuchtet waren und noch in weiter Ferne zu sehen waren. Ich wusste in der Nacht nicht so richtig etwas damit anzufangen und schob es auf einen Halloween-Brauch. Doch am nächsten Tag bemerkte ich meinen Irrtum. Die hellerleuchteten Gebiete waren die Friedhöfe. Die Ahnenverehrung in dem Ausmaß wie hier war mir fremd. In der Zeit vor dem ersten November ziehen die Familienangehörigen zu den Gräbern ihrer Verstorbenen und legen dort Blumen nieder. Die vielen Lebenslichter erhellen dann die Nacht. Es herrscht ein regelrechter Pilgerzug zu den Friedhöfen und nicht selten fahren die Menschen mehrere hundert Kilometer, um auf den Gräbern ihrer Ahnen Blumen niederzulegen, ein Lebenslicht anzuzünden und ihrer zu gedenken. Ich weiss nicht, ob es in Deutschland auch so stark ausgeprägt ist. Doch ich weiss, dass in meiner Familie keiner mit der gesamten Familie fünfhundert Kilometer weit fahren würde, um ein Grab zu besuchen. Ich habe dazu meine eigene Philosophie: lieber huldige ich jeden Tag meiner verstorbenen Lieben in meinen Gedanken und Tun, als an einer für mich doch anonymen Stelle Blumen nieder zu legen. Für mich etwas surreal. Aber der Tod hat sowieso etwas Surreales. Wie auch immer. Jeder soll nach seiner Facon glücklich werden und jedem sei sein Glaube, der im Halt und Sicherheit gibt.

Doch so sehr die Ungarn ihren Ahnen huldigen, so pragmatisch sind sie auf der anderen Seite. Ehrlich gesagt, an diesen Pragmatismus musste ich mich hier erst gewöhnen ...

... denn Feiertag, heisst freier Tag ... doch anders als in Deutschland, wo an einem Feiertag teils gespenstische Ruhe sich über die Orte legt, herrscht hier lebhaftes Treiben: dort eine Motorsäge, hier das Geräusch einer Bohrmaschine, an einem anderen Ort ist man fleißig dabei ein Haus abzureißen. Als ich in den ersten Jahren mal sagte, dass ich mich darüber wundere, daß am Feiertag die Motorsense oder der Rasenmäher läuft, bekam ich eine erstaunte Antwort: "Wann soll ich denn das sonst machen, wenn nicht an meinem freien Tag". - Recht hatte er! Längst habe ich mich daran gewöhnt, daß am Sonntag und Feiertag von irgendwoher Motorgeräusche erklingen und die Menschen in ihren Gärten werkeln. Auch muss ich gestehen, daß ich dies reichlich entspannt finde und mich inzwischen darüber wundere, wieso in Deutschland die Menschen sich selber so viele eigene Grenzen auferlegen.


Copyright Julietta Günther