Sonntag, 19. Februar 2017

"Unsere kleine Farm" - 2017-02-15

Offensichtlich hat es sich herumgesprochen, dass der Nuckelflaschen-Cocktail lecker schmeckt, denn kaum komme ich mit der Flasche an, schon rennt die halbe Schaf- und Ziegenherde auf mich zu. Da stehe ich dann mit einem Zicklein und einem Lämmchen im Kreis der ausgewachsenen Tiere, von denen einige versuchen, etwas von der Milch zu ergattern. Das artet mitunter in einem Gerangel aus, bei dem ich mit Sicherheit das Glück habe, dass eines der erwachsenen Tiere mit den harten Hufen mir auf die Füße tritt :-((

Meistens dreht die Mannschaft nach einer Weile wieder ab und ich kann in Ruhe die Flasche geben. Irgendwann taucht die Ziegenmutter auf,  mit immer dem gleichen Ritual: erst schnuppert sie an ihrer Kleinen, dann an der Flasche, schnuffelt an meiner Hand, als nächstes schaut sie mich an, gibt einen leisen Laut von sich und trottelt wieder von dannen. Wenn allerdings das Zicklein gerade nuckelt und das Lämmchen begehrt die Flasche, dann wird die Ziegenmami ungehalten: erst schubst sie das Lämmchen weg und wenn das nicht hilft, zwickt sie das Lamm - und ich muss eingreifen ...

Heute dachte ich, "mein Schwan pfeift!" - Seit Tagen führe ich mit einer der Ziegen einen bislang ausweglosen Kampf. Kaum verlasse ich das Gehege, da sehe ich schon, dass meine "Problem-Ziege (mir macht sie Probleme) wieder in den Hühnerstall geklettert ist. Dort stehen auch die Hasengehege. Die Ziege hat inzwischen schon von einigen Hasenställen die Drahtgitter der Türen zerstört. Sie klaut doch glatt den Hasen das Futter! Heute habe ich sie beobachtet. Sie schleicht sich zur Stalltür, sobald ich sie anschaue, dreht sie sich weg. Schaue ich oder gehe dann weg, schlendert sie zur Tür. Dort angekommen, streckt sie ihre Nase Richtung Hasengehege. Wehe sie riecht Mais, dann flugs ist sie drin und drückt ihre Schnauze an das Gitter bis sie an die Körner kommt.

Doch das kenne ich schon ... aber heute traute ich meinen Augen nicht. Einer der hölzernen Zaunpfoten stand etwas schief. Die Ziege kletterte daran hoch und von dort aus auf den Sauerkirschbaum. Angelockt von dem ungewöhnlichen Geschehen, lockte sie andere Tiere an. Und was machen diese? - Springen einfach über den Zaun und schneller als ich schauen konnte, standen sie auch schon in meinem Kräutergarten und knabberten an meinem Rosmarin und Salbei. Ich also hingerannt, Gatter auf gemacht und versucht die Ausreißer wieder reinzutreiben. Doch kaum drin, sprangen einige auf der anderen Seite gleich wieder über den Zaun. Klasse :-( Über mangelnde Arbeit brauche ich die kommenden Tage nicht klagen ... Auf jeden Fall wurde mir dann auch klar, wieso eine Ziege heute morgen draußen am Gartentor stand und um Einlass ersuchte, während unser Buddy, unser Schäferhundmix am Ausflippen war, Angesicht des ungewöhnlichen Besuchers.

A propo Besucher: die Kälte der letzten Wochen hat unsere Katzen verstärkt ins Haus gescheucht. Wir haben zwei Freigänger Kater (Fekete und Szürke), ein sechs Monate altes reines Hauskätzchen (Little Sue) und einen Stallkater (Einstein), der nie ins Haus kam.

Little Sue

 Als die Nächte mit minus 15 Grad und mehr bitterkalt waren, wurde ich morgens wach und stellte fest, dass Little Sue nachts vermutlich gefroren hat. Sie war von mir unbemerkt unter die Bettdecke gekrabbelt und lag schlafend auf meinem Bauch. Am gleichen Tag als ich ins Haus ging, kam auf einmal Einstein angerannt und kaum hatte ich die Haustür geöffnet, war er auch schon ins Haus geschlüpft und war tagelang nicht mehr dazu zu bewegen, im Stall zu bleiben. Dauernd stand er wieder an der Tür und wartete nur auf eine Gelegenheit, um ins Haus zu kommen. Als ich ihn dann schließlich rein ließ, war er derart anhänglich, dass ich mich nur hinsetzten brauchte, da sprang er auch schon auf meinen Schoß und begann zu schmusen. Doch was ihm den Namen "Einstein" einbrachte, ist etwas ganz anderes. Der Kater hat innerhalb zwei Tage gelernt, wann ich Anstalten mache, ins Bett zu gehen. Da kann er noch so fest schlafen, doch kaum liege ich ihm Bett, kommt er angetigert und legt sich auf meine linke Schulter. Immer nur auf die  linke Schulter. Warum? K.A.!?!. Irgendwann in der Nacht ist es ihm scheinbar zu warm oder zu kalt, auf jeden Fall trollt er sich zu unserem Border Collie und rollt sich neben ihm ein. Doch jeden morgen um die gleiche Zeit taucht er wieder auf, stubst mich mit seiner kleinen feuchten Nase ins Gesicht und legt sich - wieder auf meine linke Schulter und schläft weiter. - Schlaues Kerlchen! -





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Dienstag, 7. Februar 2017

"Unsere kleine Farm" - 2017-02-07

Ich wußte ja schon immer, daß ich ein "Schaf" bin - zu mindestens temporär ;-) ... und heute wurde das offensichtlich. Seit drei Tagen muß ich eines unserer Lämmer die Flasche geben. Heute Nachmittag wollte ich die Tiere füttern. Das kleine Lamm sah mich, drehte ihrer Mutter den Rücken zu und rannte zu mir
"Mäh, mäh Mami zwei ich habe  Hunger mäh, mäh". Kaum bei mir angekommen, begann es mich mit seiner Nase zu stupsen und wurde richtig ärgerlich als aus meinen Bein keine Milch floß.

- "Määääh!" -" Määääääh!" - "Määäähäääääh!"

Das Lämmchen machte solch einen Rabatz, daß es den Vater Schafsbock auf den Plan rief, der sich drohend vor mich aufbaute. Erst als das Kleine an der Flasche nuckelte, drehte er ab. Das Lämmchen hat einen kräftigen Zug.

Bei dem kleinen Zicklein muß ich auch zufüttern. Nur gut, daß es bei den Ferkeln keine Probleme gibt. Das wäre eine wilde Schweinerei geworden, denn die Frischlinge sind flink wie ein Wiesel und schlagen Haken wie Hasen. Obendrein hat eine Handvoll Schwein schon erstaunliche Kräfte, sodaß es garnicht so einfach ist diese kleinen quirligen Wesen zu fangen und festzuhalten. Es ist auch nicht ungefährlich, sich einem Ferkel zu nähern. Die Sau kann richtig böse werden und wenn einen zweihundert Kilos Schwein attackieren, sollte man schleunigst das Weite suchen. Bei uns ist es jedoch nicht nur eine Sau, die die Ferkelchen verteidigen, sondern gleich drei Sauen und ein Wildscheineber. Die verstehen keinen Spaß, wenn es um ihren Rotten-Nachwuchs geht.

Wir haben derzeit zwei Sauen, die Ferkel haben und somit auch Milch geben. Die Schweinchen trinken erst bei der Mutter und wenn dann aus deren Zitzen keine Milch mehr kommt, dann wechseln sie die Milchtankstelle und gehen zur anderen Muttersau, die weniger Ferkel hat.

Letztes Jahr hatten wir ein Zicklein, dass bei Mutter und Amme zum Trinken ging. Heute bemerkte ich, dass die inzwischen erwachsene Ziege noch immer an Muttis Zitzen geht.

Bei einer Freundin sah ich kürzlich, dass nicht nur ihr Ziegennachwuchs unter Ziegenmamas Bauch hing, sondern  auch der Bock gönnte sich einen Schluck Muttermilch. Sah lustig aus! Auf einer Seite ein zartes Wesen auf der gegenüberliegenden Seite kniete ein grosser Bock mit einem langhaarigen Fellkragen, gleich einen Löwen  und dazwischen hing die Ziegenmutter.,

Es erstaunt mich immer wieder, wie sozial das Zusammenspiel in einer Rotte, Herde oder Rudel ist. Um die Pflege der Jungtiere kümmern sich nicht nur die Mütter, sondern sehr häufig auch die Väter, Tanten, Onkel oder älteren Geschwister. Bei unsererm Hunderudel ging das so weit, dass eines der Hundewelpen mehr von der Mutter erzogen wurde, während das andere primär bei der sterilisierten Tante unter deren Fittiche stand.
Bei den Schweinen ist der Eber eine zentralen Figur in der Nachwuchshege. Die Ziegen und die Schafe, schützen alle Jungtiere ihrer Gruppe. Da kann es durchaus vorkommen, dass der Ziegenbock bei dem Lämmchen nach dem Rechten sieht. -

Heute hat es kräftig geschneit und nach einer halben Stunde im Freien sah ich aus wie ein Schneemann, der Australien Sheperd hatte seine Fellfarbe in weiß geändert und unser gutmütiger Kaukasier kam wie ein riesiges wildes weiß-braunes Ungetüm aus dem dichten Vorhang aus dicken Schneeflocken. Irgendwann kam der Border Collie zu mir, drehte sich immer wieder um und schaute mich mit einem ratlosen Blick an, fast als wolle er mich etwas fragen. Ich folgte seinem Blick und traute meinen Augen kaum, mußte dann herzhaft lachen. In Hobby's Hundehütte hatte es sich eine Ziege gemütlich gemacht.

Tierische Hausbesetzung! Ziege drin und Hund draußen im Schneegestöber.


Sonntag, 5. Februar 2017

"Unsere kleine Farm" - 2017-02-05

Wer kennt das nicht? Es kommt der Postbote und mehr oder minder begeistert nimmt man die Briefe mit den offenen Rechnungen entgegen. Irgendwie schade, statt einer schönen altmodischen handgeschriebenen Nachricht von einer Freundin, bringt der Postbote nur noch Reklame oder offenen Rechnungen. So erhielt ich am letzten Freitag auch den Brief mit der nächsten Stromrate. Ich legte den Brief in die Küche und vergaß ihn dort.

Gestern morgen kam ich hinunter und in der Küche sah es aus als hätte es geschneit. Mitten in dem "Schneegestöber" saß unser Hundesprößling Max und zerfledderte gerade den ergatterten Abwaschschwamm. Eigentlich ist der Kleine schon etwas zu groß für die "Alles-zerbeiß-und zerreiss-Phase", doch zur Zeit ist nichts vor ihr sicher ( ;-)) - nicht wundern: unsere Hundedame heisst tatsächlich Max - ich hatte mich bei der Namensgebung im Geschlecht des Welpen getäuscht und als ich es bemerkte, hörte die Kleine bereits darauf. Irren ist menschlich, doch dieser Flapsus ist mir bereits bei ihrer Mutter namens Felix passiert - uppps ....)

Als ich mich an die Chaosbeseitigung machte, stutze ich Angesicht der Schnipsel -
Max hatte die Stromrechnung in zehn Cent Stück große Fetzen zerpflückt. -

Auch eine Möglichkeit, sich unliebsamer Rechnungen zu entledigen. ;-)

Hihi - wie passend! Just in diesem Moment als ich den letzten Satz geschrieben habe, hörte ich im Fernseher den Ausspruch "Shiva zerstört um Neues zu erschaffen" - na Klasse! Nun kann ich sicher sein, dass eine Mahnung kommt ... ;-)

Übrigens Neues: nahezu täglich erblickt auf unserer kleinen Farm neuer Nachwuchs das Licht der Welt. Gestern Nachmittag hat unsere braune Ziege Lisa ein schneeweißes Zicklein zur Welt gebracht - zuckersüß! - Aber die Kleine ist ganz schön zickig. Offensichtlich hat auch dieses Muttertier noch nicht genug Milch. Auf jeden Fall protestiert das Zicklein lautstark, wenn sie zu wenig bekommt oder auch wenn ihre Mutter sich nur ein paar Meter zu weit von ihr entfernt. -
Ein richtig kleiner, großer Schreihals, namens Hóféher (Schneeweiß)

Für mich bedeutet dies jedoch ein zweites Flaschenkind, dem ich zufűttern muss. Irgendwie ist meine Baby-Flaschenzeit schon sehr lange vorbei. Gestern habe ich es geschafft, die Milchflasche in der Mikrowelle zur Explosion zu  bringen. - Mensch war das eine Schweinerei! Insbesondere, weil ich in der Flasche schon das Ei zugegeben hatte.

Donnerstag, 2. Februar 2017

"Unsere kleine Farm" - 2017-02-02

Die letzten Wochen hegte ich ernsthafte Zweifel an der Erderwärmung.

Es war kalt - bitterkalt mit Temperaturen bis zu minus 20 Grad - dazu Schnee satt und es fegte ein eiskalter, von Sibirien kommender, Nordostwind, der einen bei nur kurzen Aufenthalt im Freien die Gehirnwindungen einzufrieren schien. Ein Wetter, das selbst die langhaarigen zotteligen Schafe wieder in ihren Unterstand trieb, die Hennen nach einem Schritt aus dem Stall kurzerhand umdrehen ließ. Selbst die Hunde blieben in ihrer Hütte, wenn sie es vermeiden konnten rausgehen zu müssen. Zum ersten Mal habe ich erlebt wie einer unserer freilebenden Hündinnen so zitterten, dass ihr die Zähne klapperten. Die Hunde froren wie noch nie zuvor. Buddy gab nachts erst Ruhe nachdem er ins Auto durfte und sich dort auf ein Federbett legen konnte. Pedro, Luna und Felix kuschelten sich eng aneinander ins Heu. Max und Chiszma machten Randale an der Haustür bis sie eingelassen wurden. Mittlerweile wurde es eng in der Küche und im Haus, denn wir teilen es bereits mit sechs großen Hunden, darunter auch unser riesige Hundebär, und vier Katzen. Wenn sie ihr Geschäft machen mussten, rannten sie raus und waren schnell wie der Blitz wieder zurück. Balou und Simba blieben hingegen die meiste Zeit in ihren Hütten voll Heu. Doch eines Nachts jaulten sie jämmerlich. Mitten in der Nacht holte ich einen Sack Schafwolle vom Schuppendach und kleidete ihre Hütten damit aus. Sie rollten sich darin ein und schlummerten friedlich. Allerdings hatte meine Idee mit der ungewaschenen Wolle einen Haken: sie fanden es hochspannend die Wolle zu zerfleddern und nun ist der Boden, im weiten Umkreis ihrer Hütten, übersät mit festgefrorenen Wollfetzen.

Auch den Schweinen war es entschieden zu ungemütlich. Sie gruben sich tief in den Boden und lagen dicht an dicht, wie nebeneinander eingeparkt, in ihrem Stall. An manchen Tagen waren sie selbst zu der Fressenzeit kaum bereit, sich aus ihrer Kuhle zu bewegen. Den einzigen Tieren, denen das Wetter wenig auszumachen schien, waren die Gänse. Sie lagen mit eingezogenen Füßen im Schnee und ich hatten den Eindruck sie genossen dies sogar.

Und wir Zweibeiner? Wir mutierten langsam zu Michelinmännchen - mehr breit als hoch - mehrere Lagen Pullover  und Hosen übereinander. Eine Passantin meinte kürzlich im Bus, daß sie so viele  Schichten übereinander trüge, daß sie Mühe hätte, sich zu bewegen, aber dennoch friere. -

Das wird im Frühjahr eine Schlankheitskur der besonderen Art! Dreißig Zentimeter Umfangsverminderung innerhalb weniger Tage und dann die Kommentare
"Whow hast Du abgenommen!" -
 So kann denn ein jeder mit neuem Selbstbewusstsein in den Frühling gehen! - ;-))

Die Kälte zauberte auch wunderschöne Naturschauspiele: auf den Bäumen, den Pflanzen und auch auf der Weihnachtsdekoration bildete die feuchte nebelige Luft ihre Eiskristalle - wunderschöne Gebilde entstanden...







Bedauerlicherweise haben die eisigen Zeiten unseren jüngsten Nachwüchsen zugesetzt und wir verloren zwei Lämmer. Aber auch bei den anderen Schafen läßt die mütterliche Fürsorge schwer zu wünschen übrig und ich hoffe, daß wir nicht noch mehr Verluste zu verzeichnen haben. Dahingegen sind die Frischlinge quietschfidel und rennen durch den Stall. Erstaunlich schnell sind die kleinen Schweinchen und obwohl erst wenige Tage alt, läßt sich bereits der Charakter der einzelnen erkennen. Manch ein kleiner Raufbold ist darunter, aber auch ein kleiner Angsthase. Ich könnte dem Treiben der kleinen Schar ewig zuschauen. Und unser Hundebär? Der geht jeden Morgen und Abend auf seinem Kontrollgang dort vorbei und schaut nach dem Rechten. Sobald irgendetwas nicht stimmt oder eines der Jungtiere schreit, rennt er hin und protestiert lautstark. - Allerdings muss ich aufpassen, dass nicht wie letztes Jahr eines ausbüchst. Cäsar hat nämlich versucht das Ferkelchen einzufangen, was ihm auch gelangt, doch der Kleine hat leider seinen Ausflug mit dem Leben bezahlt. Bevor Cäsar im Gehege tollen darf, kontrolliere ich seitdem vorher, ob dort nicht ein unbefugter Freigänger sich aufhält. Cäsar ist ein kaukasischer Owtscharka, ein Herdenschutzhund und ein Riese von einem Hund. Nur manchmal nimmt er es mit der Herde schützen doch zu ernst - aber nicht nur er: auch die anderen treiben Ausreißer wieder zurück ins Gehege.

A propo Zurücktreiben: Als es die ersten Tage so kalt war, haben mich unser
Australien Sheperd Hobby und seine Tochter Max schier zur Verzweiflung gebracht. Immer wenn ich morgens die Schafe und das Federvieh aus dem Stall ließ, musste ich kaum im Haus zurück feststellen, daß die Beiden sie wieder in die Stallungen getrieben hatte. Ich also wieder raus und alles Viehzeug wieder freigelassen. Das Spiel ging ein paar Mal - bis ich merkte was los war: Die Hunden wollten nicht draußen bleiben und hatten beschlossen, daß es genug sei und trieben alle wieder zurück. Frei nach dem Motto: Feierabend - jetzt geht es ins Warme! - Also habe ich die Hunde mit rein genommen und die Tiere konnten in Ruhe draußen Futter fassen.
Doch die Hunde haben sich das gemerkt. Denn wenn ich bis spätestens 15.30 Uhr nicht begonnen habe, die Tiere für die Nacht zu versorgen, beginnen sie seitdem eigenständig damit, alle Freigänger in die jeweiligen Ställe zu treiben. - Sind halt doch schlaue Kerlchen! -


Mittwoch, 1. Februar 2017

"Unsere kleine Farm" - 2017-02-01

Back again!

Wie das Leben so spielt! - Manchmal stellt man sich selber ein Bein, manchmal läßt das Schicksal einen kräftig auf "die Schnauze fallen". Manch anderes hingegen entbehrt jeder Logik und lässt einen in "warum passiert das gerade mir"-Selbstmitleid zerfließen. ...

Mein letztes Jahr hatte von allem mehr als genug und 2017 kann eigentlich nur noch besser werden. Offensichtlich hatte ich aufgrund technischer Probleme bei der Ausschreibung für die "Probleme und Stolperfallen für das Jahr 2016" meine Unterlagen mehrfach eingereicht, während andere hingegen wohl den Abgabetermin gänzlich verpennt hatten. Nun denn ich bekam gleich mehrfach den Zuschlag und hinter mir liegen Monate einer rasanten Achterbahn- und Talfahrt. Im Leben hatte ich schon öfters Zeiten aus denen ich wie ein zerrupfter alter Strassenkater hervorging, aber 2016 schlug Alles bisher Bekannte:

Gleich zweimal hatten Firmenchefs meinen Männe um einige Monate Lohn geprellt. Als Resultat suchte  selbst die letzte Maus eine neue Futterstelle, nachdem sie vergeblich unseren leeren Kühlschrank durchsucht hatte. Es herrschte über Monate Ebbe in der Kasse, offene Rechnungen kamen in die monatliche Lotterie und es gleicht einem Wunder, dass uns nur das Telefon abgestellt und das Auto abgemeldet wurde.

Hinzukam, dass die Probleme unserer Beziehung so zusetzten, dass Männe das Weite suchte - zumindest für einige Monate, bis wir uns wieder zusammen gerauft hatten. (Mich hat vermutlich nur mein anerzogenes preußische Pflichtbewußtsein daran gehindert, schreiend davon zu laufen). Doch bis dahin stand ich alleine da: ohne Kohle und mit fast einhundert Tieren im Schlepptau. - Doch "Not macht erfinderisch" und bei mir im Besonderen erwachte der längst verschollen geglaubte Kampfgeist.

Erstaunlich welchen Mist ich vergangenes Jahr hinter mir habe:
monatelang alleine - Bärlauch waschen als finanzielle Notlösung - Trinkwasser wurde im Rucksack heraufgebracht - Lebensmittel ebenso - hin und wieder wurde ein  Tier geschlachtet - währenddessen die Ernte mehr als mäßig war - stattdessen sammelte ich für die Tiere Fallobst und altes Brot ein (erstaunlich wieviel weggeworfen wird oder ungenutzt verrottet) - hin und wieder bekam ich von der ungarischen "Tafel" Unterstützung ...

Gesundheitlich war 2016 auch ein Griff in "das muss ich eigentlich nicht haben"-Register: es begann mit einem mehrfach gebrochenen Arm, in den Bereichen Hand, Handgelenk, Unterarm, Ellenbogen und Schulter.

Im Oktober brach ich durch das Dach vom Schweinestall, zusammen mit der Sau, die auf dem Dach die Aussicht geniessen wollte. Dabei prellte ich mir die Niere und brach mir gleich mehrfach die Rippen. In Anbetracht  nicht bezahlter Krankenversicherung musste alles ohne Arzt und Gips kuriert werden - war etwas mühsam! Aber erstaunlicher Weise war ich bereits nach 4-6 Wochen wieder fast komplett genesen: ohne Gips und ohne Reha, dafür aber mit der täglichen Arbeit auf der Farm. Das Bücken stellte mich vor grossen Herausforderungen, garnicht zu schweigen von dem wieder Aufstehen. Aus dem Bett kam ich nur gerollt, aber wehe ich rollte in die falsche Position, dann dauerte die Verbringung in die Vertikale eine halbe Ewigkeit. Die Versorgung der Tiere war auch nicht von schlechten Eltern ... insbesondere das Heu reinholen. Uff. Den Tieren knurrte der Magen und mir taten die Gräten weh. Doch wie sagt der Ungarn" lepesről lepesre" - Schritt für Schritt ...

Dann streikte auch noch die Technik: erst gab die Waschmaschine auf, dann der Wäschetrockner und zuletzt der Computer. Eine Waschmaschine hatte ich als Ersatz, der Trockner wurde im Sommer nicht vermisst, doch der Computer und mit ihm das Internet katapultierte mich aus der Welt - und das war richtig bitter ... keine Telefonate, keine Emails, keine Aussenkontakte zu meinen Jungs (Telefon war ja auch out of order) -
Extrem hart ist auch das Fehlen eines fahrenden Untersatzes (der steht nun ohne TÜV und Versicherung in der Einfahrt). Alles musste irgendwie organisiert werden: der Kauf von Futtermittel für die Nutztiere, das Hundefutter, unsere Magenfüllungen, das Benzin für die Motorsäge, das Brennholz oder auch nur der kleine Luxus eines Weihnachtsbaumes. Es lässt sich eben nicht alles im Huckepack im öffentlichen Bus heranschaffen. So war auch hier der Erfindungsgeist gefragt ...

... Alles in Allem: 2016 war ein Super-Sch...-Jahr - eine Achterbahnfahrt der Gefühle und eine Talfahrt, die uns in das soziale Aus am Rande der Gesellschaft katapultiert hatte ...

Irgendwie kamen wir, bis auf wenige Ausnahmen, durch das Schlamassel und so langsam geht es wieder aufwärts.

Doch ich will auch nicht verhehlen, dass selbst im größten Mist noch ein paar Funken positive Aspekte sitzen.

Zum einen habe ich mein Päckchen Übergewicht verloren. Allerdings waren dreißig Kilo zu viel des Guten und ich hatte Mühe, Hosen in Kleidergrőße 32-34 Hosen zu finden und diese nicht im Trab zu verlieren. Meistens ähnelte daher mein Outfit eher das eines Clownes in zu grossen Beinkleidern ;-)

Zum anderen hat mir diese Zeit gezeigt, wer ich bin, was ich bin und was ich notfalls stemmen kann. Zeiten in denen kein Raum war für Scham oder Peinlichkeit, die mich an meine Grenzen brachte und diese übersteigen liessen. Ich fiel in Löcher tiefster Depression und Endzeitstimmung, in denen mein Haushalt aussah als hätte eine Bombe eingeschlagen und ich mich unfähig fühlte, mich auch nur zu bewegen. Dann folgten Phasen von wildem Aktionismus und einer mir typischen "Jetzt-erst-Recht und ich laß mich nicht unterkriegen"-Stimmung. Durch alles zog sich ein roter Faden von einem schier endlosen Erfindungsgeist und Ideenreichtum. Beides war auch mehr als nötig, denn irgendwie galt es mit keinem oder kaum Geld einen Stall von Tieren zu ernähren und selber dabei nicht völlig vom Fleisch zu fallen. Ich hatte schon daran ein Kochbuch zu schreiben unter dem Motto "Aus Wenig Viel - gesunde und sättigende Ernährung bei Ebbe in der Kasse"

Last not least: Diese Monate haben meinem Männe und mir auch gezeigt, was wir aneinander haben. Auch wenn es sicher noch eine Weile braucht bis bei uns alle Wunden verheilt sind, so hat unsere Beziehung dennoch eine andere Qualität erhalten.

Manchmal muss man tief fallen, um geerdet zu werden und um das Leben wieder besser schätzen zu können.