Mittwoch, 28. Oktober 2015

"Unsere kleine Farm" - 2015-10-28

Wir haben die letzten Tage wunderschöne Spätherbsttage mit strahlendem Sonnenschein mit etwas über 20 Grad. Doch langsam aber sicher müssen wir uns mit dem Winter befassen. Bereits der nächste Wetterwechsel könnte Schnee bringen. In der Regel haben wir in der ersen Novemberwoche den ersten Schnee. Wir liegen östlicher als Deutschland und sind mit unseren Jahreszeiten etwa vier Wochen weiter voran. Doch auch sonst unterscheidet sich unser Wetter von dem in Deutschland. Unsere Jahreszeitenwechsel von Winter auf  Frühling oder von Herbst auf Winter finden meist abrupt statt, d.h. einen richtigen Frühling und Herbst gibt es kaum. Am Ende des Winters kann es sein, dass es innerhalb weniger Tage die Temperaturen von 0 Grad auf über 20 Grad schnellen. Die Natur explodiert dann regelrecht und es ist keine Seltenheit, wenn die Schneeglöckchen zeitgleich mit den Primeln, Tulpen und Osterglocken blühen. Im Spätsommer/Herbst kann es genauso sein, nur eben umgekehrt. Wir hatten schon Wechsel von Mitte November mit plus 25 Grad und eine Woche später mit minus 18 Grad. Das Wetter hängt von uns stark davon ab, woher die Winde kommen: von Süden bedeutet mediteranes Klima, von Westen kontinentales und wenn im Winter der Wind von Nordost kommt, dann bekommen wir sibirische Kälte.

So heisst es nun, sich langsam aber sicher, sich auf den Winter vorzubereiten. Gerade in den letzten Jahren hatten wir einige Wetterkapriolen und wir waren tagelang von der Aussenwelt abgeschnitten. Nicht einmal die 500 m zum Ort waren überwindbar. Mal hatten wir so hohe Schneeverwehungen, dass es kein Durchkommen gab und der Schneepflug erst nach Tagen die Strassen halbweg frei hatte, wobei wir eigentlich selten viel Schnee haben.  Ein anderes Mal gab es einen Regen auf den gefrorenen Boden, dass sich eine 4-5 cm dicke Eisschicht gebildet hatte und wir zum Katastrophengebiet erklärt worden waren. Damals konnten wir zwei Tage die Tiere nicht füttern. Am dritten Tag wagten wir uns auf allen Vieren und mit Eispickel zu den Tierunterständen. Selbst den Hunden sind beim Pinkeln alle vier Pfoten weggerutscht, was allerdings ein Bild für Götter war, insbesondere wenn man dann ihren verwunderten und irritierten Ausdruck im Gesicht sah. Erst nach über einer Woche konnten wir uns wieder gefahrlos auf das Gelände wagen. Da wir also nie wissen, welche Überraschungen uns das Wetter bereitet, ist es wichtig, rechtzeitig Vorsorge zu treffen. Vorräte einzulagern und vorallem die Tierunterstände winterfest zu machen.

Die meisten unserer Tiere sind Sommer wie Winter im Freien und es gibt lediglich einen offenen Unterstand, wo sie einen trockenen und geschützten Platz finden. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn Nachwuchs zu erwarten ist. Warum sich unsere Schafe, Ziegen und Schweine dafür immer die Zeit zwischen Mitte Januar bis Ende Februar aussuchen, sprich hier genau die kälteste Zeit, ist uns ein Rätsel. Wir haben schon versucht, die Nachwuchsplanung zu steuern, doch dann zeigen die Viecher keinerlei Interesse aneinander. Und so wird auch wieder im kommenden Jahr zwischen 15. Januar und Ende Februar Zicklein- und Lämmeralarm geben. Ferkel werden wohl dann gegen Ende Februar das Licht der Welt erblicken. Wobei die Schweine da eher schlau sind, denn eine trächtige Sau in der Weihnachtszeit wird nun einmal nicht zu Braten und Wurst ;-)

Doch nicht nur die Unterstände müssen winterfest gemacht werden, auch der Heu-, Stroh-, Mais- und Holzvorrat muss noch aufgestockt werden. Was wir bislang eingelagert haben, reicht gerade bis Ende des Jahres maximal bis Ende Januar und dann fehlen uns noch gute drei Monate bis zum neuen Gras im Frühjahr. Heuer ist es schwierig, an Heu zu kommen. Durch die Trockenheit ist der komplette Sommer- als auch der Herbstschnitt ausgefallen und am Markt gibt es auch fast kein Heu. Wenn das Wetter es zulässt, sind die Tiere auf der Weide, aber dennoch brauchen wir für die Schweine Heu. Mal sehen ....

Die Maisernte fiel bei uns auch recht mau aus. Der Mais stand richtig gut, doch dann sind die Rehe und Wildschweine eingefallen und wir haben rund die Hälfte unserer Ernte verloren. Da halfen sämtliche Schutzmassnahmen nichts. Wir mussten hilflos mit ansehen, wie der Schaden immer grösser wurde. Jetzt wurde der Mais abgeerntet. Ich sagte unlängst, eines der Wildschweine und Rehe, die sich bei uns kugelrund gefressen haben, hätte ich gerne. - So ein Rehschinken ist etwas Feines !!! - mmmh - ....., aber ich fürchte, wir müssen dieses Jahr auch wieder  zukaufen müssen. Hier in unserer Nähe ist ein Wildgehege.

Man mag seine eigene Meinung haben, was die Jagd anbelangt, insbesondere, wenn man sieht, dass dort im Wildgehege besonders Deutsche und Russen zum Jagen kommen und zwar als Sport ! - Wenn ein Hüter des Waldes zur Jagd geht, und damit regulierend in die Natur eingreift, ist das etwas anderes. Ich sehe hier, welchen Schaden übermässiger Wildbestand haben kann. Wenn wie, nicht nur bei uns, grosse Teile der Ernte vernichtet wurden oder wenn regelmässig die Schakale die Federviech Stallungen leerräumen. Allerdings muss man das auch differenziert betrachten. Die Natur ist ein Kreislauf und die Tiere würden nicht in die landwirtschaftliche Flächen einfallen, wenn sie in ihrem natürlichen Lebensraum genügend Nahrung und Schutz finden würden. (Zu diesem Thema gab es letztens einen ganz interessanten Bericht im deutschen Fernsehen.) Hier hingegen werden grosse Flächen Wald gerodet und viele Hektar nicht wieder aufgeforstet, das hat natürlich Konsequenzen. Nicht nur, dass die uralten Eichen und Buchen aus den Wäldern verschwinden, sondern der Wald sich wandelt. Schnellwachsende Akazien übernehmen oder aber Dornengestrüpp. Den Tieren wird der Lebensraum genommen, aber auch den Menschen, die von der Holzwirtschaft leben, gehen Einnahmequellen verloren. So ist es für viele Famlien ein nicht unerhebliches Zubrot, wenn sie Pilze sammeln und diesse verkaufen können. Absoluten Wahnsinn finde ich es allerdings, dass das hiesige städtische Heizkraftwerk mit Holz beheizt wird  - (Täglich landen dort LKW um LKW Holz in der Strom- und Fernwärmeerzeugung) - Ich bin kein Fachmann, aber ich sehe das mit gewisser Skepsis. Doch um es mit Thomas Mann zu sagen "es ist ein weites Feld"  und so hat das meiste zwei Medaillien, wenngleich sich die zweite Seite für mich auch nicht immer erschliesst.

Aber noch einmal zurück zum Heu: das war heute auch wieder so eine Aktion mit Überraschungseffekt ! Unser Heu lagern wir draussen auf dem Gelände. Die Ballen sind gute vier Meter hoch gestapelt und mit einer Folie abgedeckt. Heute musste ich nun Ballen von der oberen Ebene herunterholen. Ich stieg also herauf, als mit einem Mal die Folie riss und das Wasser, dass sich dort in einer Mulde gesammelt hatte, über mich ergoss. Ich muss sagen, durch den Regen der vergangenen Wochen, war das einiges. Und .... ich war von Kopf bis Fuss klitschenass. Frei nach dem Motto "wenn das Wörtchen wenn nicht wär ..." : Hätte ich das schon heute morgen gewusst, dann hätte ich mir die morgentliche Dusche sparen können. So stand ich nun da wie eine begossener Pudel und zur Krönung des Ganzen klebte nun noch das Heu überall, an den Haaren, der Kleidung und im Gesicht. Bei jeder Bewegung piekste es irgendwo - na manche probieren es mit Reizstrom, ich habe dafür eine kalte Dusche mit Strohdekor gewählt. - Man gönnt sich ja sonst nichts ;-) - Ein Glück, dass mich keiner gesehen hat, als ich so dekoriert ins Haus ging ;-) - ich stell' mir gerade bildlich das Dorfgespräch vor "Stell Dir mal vor, was ich heute gesehen habe, die Deutsche ..... usw.usw " - Na ja warum sollte man sich nicht auch einmal zum Gespött der Leute machen ;-) - wenn man dann noch über sich selber lachen kann, ist doch der Tag gerettet. :-) :-) :-)

copright Julietta Günther


Montag, 26. Oktober 2015

"Unsere kleine Farm" - 2015-10-27

Am Sonntag habe ich mir Episoden von César Milan angeschaut. Wir haben grosse Hunde und die muss man trainieren. Klar, die kleinen,  Handtaschenhunde, wie ich sie nenne, brauchen genauso Training. Gerade in Spanien an der Promenade waren die für mich ein Greuel. Den Meisten von ihnen fehlte bereits der Grundgehorsam, aber das müssen ihre Besitzer ausbaden... Wir haben jedenfalls für unsere Hunde entschieden, dass sie geschult werden. Wir waren auch mit einigen von ihnen in der Hundeschule. Insbesondere die Stunden als wir unseren Hundebär dabei hatten, brachten einiges an Gelächter, weil der selbst als wenige Monate alter Welpe bereits 20 Kilo auf die Waage brachte und wenn der nicht wollte, dann blieb er sitzen, und zwar wie angewurzelt mit den Pfoten als Bremsklötze. Da konnte Herrchen ziehen wie er wollte und selbst Leberwurstbrotleckerli halfen nicht. Hund blieb stur sitzen und wenn es ihm zu bunt wurde, dann legte er sich glatt flach auf den Boden. Spätestens dann gröllte die gesamte Mannschaft ...

Ceasar, gerade einmal vier Monate und zu der Zeit bereits 50 cm hoch und 80 cm lang

Aber zurück zur Sendung. Klar gibt es an jedem Trainer Kritik. Doch für mich trainiert der Rüttger mehr mit Technik und der César Milan ist eher jemand, der mit Intuition arbeiten. Wie auch immer, bei beiden habe ich mir schon einiges abgeschaut. Gerade, wenn man wie wir Nutztiere haben, dann kommt man automatisch in Berührung mit Intuiton. Man kann die Tiere beobachten, doch manchmal sagt einem nur das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Auch weiss ich ganz genau, dass wenn ich nervös bin, die Tiere das auch sind. Das ist ähnlich wie damals, als mein jüngster Sohn noch ein Baby war. Er hatte Pseudokrupp und wenn er so einen Anfall hatte, dann war es besonders wichtig, dass ich Ruhe bewahrt habe. Ich legte ihn mir auf den Bauch und machte Autogenes Training. Sobald ich zur Ruhe gekommen war, ganz ruhig und entspannt atmete, dann entspannte er auch und war binnen kürzester  Zeit eingeschlafen.

Hier komme ich auch immer wieder in Situationen,  in denen es wichtig ist, ein Tier zur Ruhe zu bringen oder aber ihm Sicherheit zu vermitteln. Wir haben immer wieder einmal Tiere, die sich verletzen oder wir mit dem Nachwuchs helfen müssen. Heute musste ich feststellen, dass das Rudel, bei dem vor ein paar Tagen der Rudelführer gestorben ist, erst zur Ruhe kam, als ich in das Gehege kam. Sie waren die letzten Tage reichlich unruhig. Scheinbar hat der fehlende Rudelführer sie verunsichert. Ich setzte mich zu ihnen in das Gehege, selbst die extrem scheuen und ängstlichen Tiere kamen zu mir, legten sich neben mich und schliefen. Dazu muss man wissen, dass wir in diesem Rudel Hunde haben, die sehr scheu und ängstlich sind, sodass selbst ich sie kaum anfassen kann und die deshalb auch nicht vermittelbar waren und sind. Der Grund ist der, ihre Mutter ist zusammen mit ihnen und ihren Geschwistern ausgerissen. Von der Mutter und den neun Jungen kamen nur vier zurück. Diese aber haben offensichtlich miterlebt, wie die Mutter und die Geschwister erschossen wurden. Seitdem haben sie Angst vor Männern und geraten in Panik bei lauten Geräuschen und schnellen Bewegungen. Scheinbar haben sie mich zu ihrem neuen Anführer und Beschützer gemacht. Dies bedeutet aber nicht, dass sie nicht untereinander auch ihre neue Rangordnung regeln.

Gerade bei dieser Gruppe, die nun nur noch aus vier Tieren besteht, zeigt es sich immer wieder wie wichtig es ist, die Intuition einzusetzten. Unlängst hatte sich ein Rüde an dem Vorderbein eine sehr tiefe und klaffende Wunde zugezogen, während ein anderer eine Bisswunde hatte. Offensichtlich war schon damals der Rudelführer krank und sie hatten begonnen, ihre Rangfolge zu klären. Doch das fiel mir damals noch nicht auf. Manchmal will man es bewusst oder unbewusst auch nicht wissen. Jetzt mussten diese Wunden versorgt werden, bei einem hatten sich sogar schon Maden eingenistet. Das geht bei warmen Wetter schnell und bei einem langhaarigen Tier, sieht man eine Verletzung oft nicht sofort. Ich musste also ganz nah an dieses Tier heran und er musste mir gestatten, dass ich nicht nur die Wunde auswusch, sondern auch noch die Maden daraus entfernte. Es dauerte eine Weile bis er es gestattete, doch dann liess er sogar zu, dass ich mit einer Pinzette die Würmer herausholte und die Wunde anschliessend auswusch und versorgte. Nun war dies natürlich nicht eine einmalige Angelegenheit, sondern es zog sich über mehrere Tage hinweg, bis die Wunde begann abzuheilen. Er liess die Behandlung anstandslos zu und leckte mir sogar die Hand. Das war ein ganz besonderer Vertrauensbeweis, dass dieses scheue Tier mich überhaupt in seine Nähe gelassen hat, ohne wegzurennen oder gar nach mir zu schnappen.

Das ist auch eine neue Rolle, in die mich das Farmleben geführt hat: die der Krankenschwester der Tiere. Es ist nicht immer ein Tierarzt vorort und manchmal muss eben gleich gehandelt werden. Ähnlich wie ich bei der Pflege meines demenzkranken Vaters,  als ich immer mehr notgedrungen in die Thematik hineinwuchs und nach und nach selbst über die Wechselwirkung und die Auswirkungen der Medikamente meines Vaters Bescheid wusste - so lerne ich heute immer mehr  über die Tierpflege und -hege.  Im Grunde habe ich hier fast permanent eines der Tiere in meiner "Krankenstation", sei es die Ziege, die von der Mutter nicht gestillt wird, sei es eine andere, die eine Bissverletzung an der Hinterläufe hat. Dann muss wieder einmal ein Schaf verarztet werden., dass beim Scheren eine Schnittverletzung erhalten hat oder eine Klaue geschnitten werden muss. Inzwischen habe ich immer in Reichweite eine Tüte Holzasche zur ersten Wundversorgung.  Jetzt habe ich gerade ein Huhn zum Aufpäppeln, das sich scheinbar durch den Transport das Rückrad verletzt hat und nicht mehr richtig laufen kann. Klar, es kommt irgendwann doch in den Kochtopf, aber bis dahin soll es sich des Lebens freuen und Fleisch ansetzen. Dann habe ich noch eine junge Ente, die sich im Freigang einen Fuss verdreht hat. Ich dachte eigentlich nicht, dass sie das noch schafft. Tagelang hüfte sie auf einem Bein und verlor immer wieder das Gleichgewicht, aber siehe da, nach knapp einer Woche läuft sie nun wieder auf beiden Beinen.

Meinen Erfahrungen nach habe die Tiere überhaupt unsagbar grosse Selbstheilungskräfte. Davon schreibe ich auch in "Kettő Labu" unserer zweibeinigen Katze. Wir hatten einen Wurf von fünf Kätzchen, bei denen sich bei der Geburt die Nabelschnur um die Hinterläufe gewickelt hat. Als ich abends nach der Arbeit nach Hause kam, hatte die Katzenmutter bereits die abgestorbenen Gliedmassen amputiert und zurück blieben: zwei gesunde Kätzchen, einem fehlte eine Hintertatze, einem eine halbe Hinterläufe und einem sogar beide halbe Hinterläufe. Die Kätzchen hatten einen solchen Lebenswillen, dass ich entschloss es der Natur zu überlassen, ob sie leben oder nicht - und - sie lebten und wie ! ... -

Kettő Labu - unsere zweibeinige Katze
In diesem Wurf gab es auch ein kleines schwarzes Katerchen. Als der Zahnwechsel an der Reihe war, wurde er sehr krank und hatte ganz schlimmen Durchfall. Der Tierarzt machte mir nicht viel Hoffnung. Ich setzte das Katerchen in eine flache Kiste, gab ihm jede halbe Stunde mit einer Spritze Hühnerbrühe. Zum einem sollte sie kräftigen und zum anderen wollte ich so der lebensgefährlichen Austrocknung entgegen wirken. Nach zwei Wochen war kaum noch Leben in dem Tierchen.  Es war so schwach, dass es sich schon geraume Zeit nicht mehr putzen konnte und stank fürchterlich. Längst schon machten die anderen Tiere einen grossen Bogen um den Kater. Dies ist normalerweise ein untrügliches Zeichen, dass es dem Ende zu geht. Ich rechnete minütlich damit, dass es seinen letzten Atemzug täte. Doch als ich von der Küche ins Zimmer zurück kam, hatte es das Tierchen irgendwie geschafft, sich zwei Meter aus der Kiste zu entfernen. Ich nahm das Tier auf , brachte es zum Futternapf und setzte es so hin, dass die Schnauze auf dem Futter lag. Und siehe da, es geschah das Unglaubliche: das Katerchen begann zu fressen. Er erholte sich schnell und aus ihm wurde ein stattlicher Kater.

Fekete - die Schwarze

Ein anderes Beispiel ist unsere Bella. Ihre Mutter Doddo hatte ihre Jungen in dem Holzschuppen zur Welt gebracht und so blieb das auch vorerst ihr Zuhause. Als Bella ca. zwei Monate alt war, fiel in einer bitterkalten Winternacht ein Holzstapel um und ein grosser Holzscheit fiel auf Bellas Rückrat sowie Hinterpfoten. Als ich sie morgens fand, war der Welpe fast erfroren, die Hinterpfoten waren eiskalt und bewegungslos. Der Tierarzt meinte, sie hätte ganz schwache Reflexe und wenn sie in einer Woche die Läufe bewegen könnte, dann würden wir weiter sehen. Bella schlief die kommenden Wochen neben meinem Bett, sie bekam alle halbe Stunde ein wenig zu trinken, musste immer wieder einmal trocken gelegt werden und tatsächlich nach ein paar Tagen bewegte sie zumindest eine Hinterpfote. Während der ganzen Zeit und auch später hat sich ihr grösserer Bruder Buddy rührend um sie gekümmert. Buddy ist unser "Babysitter vom Dienst", der sich um alle jungen Hunde, Katzen und einem zugelaufenen drei Monate alten Foxterrier kümmerte. Immer wieder hat er sie vorsichtig in die Hinterläufe gezwickt, um sie dazu zu bewegen, dass sie sie bewegt. Diese Therapie hat geholfen.
Babysitter Buddy und Bella

Bald lief sie wieder, wenngleich auch etwas unsicher. Als sie wuchs, knickten ihr immer wieder die Hinterbeine weg, doch mit einer zusätzlichen Vitamingabe liessen die Bewegungsschwierigkeiten wieder nach, bis zum nächsten Wachstumsschub. Heute rennt und tobt sie wie eine Wilde durch den Garten und nur ein geübtes Auge kann erkennen, dass die Läufe etwas schäg übereinander laufen. Und - sie ist ein ganz lieber und toller Hund geworden.
Bella heute
 Manchmal allerdings kämpft man vergebens, doch für die anderen Male lohnen sich die schlaflosen Nächte.


copright Julietta Günther







"Unsere kleine Farm" - 2015-10-26

Heute scheint die Sonne und die Temperaturen sind um gute 10° höher als vergangene Woche. Jetzt kann ich endlich anfangen, die Apfelernte vorantreiben. Die Ernte ist dieses Jahr enttäuschend. Die Bäume waren brechend voll, doch die Trockenheit hat die Bäume veranlasst, viele Früchte vorzeitig abzuwerfen. Jetzt hat der Starkregen der letzten Wochen, die Äpfel platzen lassen. Doch der Regen hat den verbleibenden gesunden Äpfel auch gut getan. Durch die Dürre waren die Früchte extrem kleingeblieben, doch nun hängen Äpfel von fast einem halben Kilo Gewicht an den Ästen. Die Äpfel sind eine spannende Angelegenheit. Bis ich hier her kam, kannte ich nur ein sehr begrenztes Sortiment an Äpfeln. Doch hier bin ich ständig auf Entdeckungsreise. Der frühere Eigentümer des Grundstückes muss eine Vorliebe für Äpfel gehabt haben. Auf über 300 Bäume verteilt gibt es unzählige Sorten. Frühe Sorten, die bereits im Juni reif sind und später, die erst kurz Weihnachten abgenommen werden. Richtig spannend ist das Geschmackserlebnis. Dauernd treffe ich auf Neues. Manche, die schmecken süss, manche sind säuerlich, andere wieder schmecken nach Vanille, Ananas oder Mandel. Auch gibt es welche, die ich eher als aromatisch herb bezeichnen würde. Sorten, die ich noch nie in einem Supermarkt je gesehen habe, rote, grüne, gelbe, gestreifte mit weissen, hellgelben, dunkelgelben, rosanen Fruchtfleisch und sie duften. Alleine das ist schon ein Erlebnis. Und richtig spannend wird es dadurch, dass sich der Geschmack je nach Reifegrad verändert. Seit Mai vergeht kein Vormittag an dem ich nicht, durch die Reihen gehe und mir mein Frühstück direkt vom Baum hole - doch immer mit unseren Junghunde im Schlepp. Die Hunde lieben Äpfel, allerdings nur die süssen und saftigen. Sie schnuppern immer erst an ihnen und dann suche sie sich die passenden aus. Doch wenn ich nicht aufpasse, dann klauen sie sie mir aus meiner Obststeige.

Witzig war auch als die Kirschen reif waren. Unsere "Gangster" haben alle Kirschen aufgegessen, die auf den Boden fielen. Einige Kirschbäume stehen direkt neben dem Hundegehege von unserm Rudel. Als ich beim Ernten war, standen alle in Reih und Glied am Zaun und warteten, aber wehe ich ging weg ohne, dass sie ihre Ration Kirschen erhalten hatten. Dann war der Teufel los, ein sechsstimmiges Protestgeheul, in das auch noch die anderen mit einstimmten. Ich musste sie dann immer der Reihe nach mit den Kirschen füttern.

Unser Obst und Gemüse hat noch nie Pflanzenschutzmittel oder sonstige Chemie gesehen. Auch unser Vieh erhält nur natürliches Futter. Dies ist zwar um einiges aufwendiger in der Futterbeschaffung, aber das macht sich in der Qualität bemerkbar. Das Fleisch unserer Schweine ist wesentlich dunkler als das aus dem Laden und der Speck ist richtig schön marmoriert. Doch auch unser Obst und Gemüse steht mittlerweile in der Qualität und Quantität nicht hinten an. Die ersten Jahre war allerdings die Qualität saumässig. Die Bäume waren über Jahre nicht gepflegt worden und wir hatten Obst, das nicht nur von Würmern heimgesucht war. Die letzten Jahre habe ich als Laie den Obstbaumschnitt vorgenommen und einiges aus meinen Schneidefehlern gelernt. Dieses Jahr hingen die Bäume voll, es gab keinen Mehltau, Schorf und fast keinen Madenbefall. Es wird zwar noch einige  Zeit brauchen, bis einige Bäume sich von Männes Schneideaktion erholt haben. Er hat sich mit einem Rundumschlag mit der Motorsäge versucht und das haben ihm einige Bäume übelgenommen. Upss !! Doch wer sich als Amateur in die Landwirtschaft wagt, macht einfach Fehler. Wie jeder andere auch, der sich auf neuer Terrain wagt.

Aber wie heisst es in dem Sprichwort " Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen "

Wir habe in den ersten Jahren viel Lehrgeld zahlen müssen, insbesondere bei den Tieren. Männe hat immer zuerst die Tiere gekauft oder durch irgendeinen Tauschhandel organisiert und dann sich um die Unterkunft der Viecher gekümmert. Das ging einige Male gründlich schief. Was wir uns darüber gezofft haben, dass schreibe ich lieber nicht - denn bei diesem Thema prallte seine ungarische Mentalität "es wird schon werden!" und meine deutsche "das muss geplant werden!" gründlich aufeinander. Da hing so manches Mal der Haussegen gewaltig schief und ich war temperamentvoll auf 180, während Männe verschwand und für Stunden nicht mehr gesehen ward, Meistens fetzten wir uns noch eine Weile bis wir irgendwann einander ansehen und meinten : "Wir sind ganz schön blöd" und lachten.

Auch gab es Rückschläge durch falsche Ernährung oder sonstiges. War manchmal mehr als ungeschickt, wenn das neue Tier statt zum Aufbau der Herde  kurz darauf im Kochtopf landete, weil es sich beispielsweise eine Hinterläufe gebrochen hat. Aber welcher Amateur-Bauer denkt daran, dass das Schwein sich plattmacht wie eine Flunder und unter dem Zaun durchrobben will, stattdessen aber mit den Hinterbeinen hängenbleibt.  Kein "Schwein gehabt" - aber es hat trotzdem gut geschmeckt. ;-) - Inzwischen habe ich mich auch daran gewöhnt, dass Männe, der früher schon Nutzvieh im kleinen Rahmen hatte, bei jedem neuen Tier lakonisch meinte "Das gibt ein gutes Gulasch" (sinngemäss übersetzt).

An das Schlachten habe ich mich noch immer nicht gewöhnt, da geh ich dann stiften ........ und komme erst wieder wenn dass Schlimmste vorbei ist und um das Küchenchaos nicht aus dem Ruder laufen zu lassen. Schlachttage gehen meist feucht fröhlich zu. Man lädt sich der Reihe nach dazu ein. Das war für mich auch gewöhnungsbedürftig, dass man zur Arbeit eingeladen wird. Denn so ein Schlachttag ist richtig Arbeit. Aber so mancher Schlachttag endete auch darin, dass so manch einer, der zum Schlachten rief, den Ende des Schlachttages nicht mehr erlebt hat, sondern mit einem reichlich grossen Affen in der Koje landete und schnarchte. Da kann ich Euch Geschichten erzählen ....

Einmal hatte einer unserer Freunde zu dem Schlachten gerufen. Es war Anfang Dezember. Die Tage vorher hatten wir noch über 20 Grad, plus wohlgemerkt, doch - just an dem Tag wandelte sich das Wetter von Spätsommer in Winter und es schneite, was vom Himmel kommen konnte und obendrein war es kalt geworden. An dem Tag standen zwei grosse Schweine auf dem Plan, mit Wurstmachen (Kochwurst und Rauchwurst), Salami, Schinken, Schmalz und Grieben. Also verflixt viel Arbeit ! - Geschlachtet wird im Freien und kaum waren die Männer draussen, so sahen sie aus wie Schneemänner. Sie kamen immer wieder rein und wechselten sich mit dem Auftauen und Aufwärmen ab. Doch dabei floss auch ungarischer Wein und hausgemachter Palimka (Schnaps) die Kehlen runter. Am Ende hatten wohl alle mehr oder minder einen in der Laterne und die Frauen in der Küche wurden zusehends wütender, zumal alles etwas langsamer vorang ging. Wenigstens der Hausherr oder die Hüterin des Schlachtens sollte dabei nüchtern bleiben, sonst ist so manche Wurst schon versalzen worden ... und das sollte nun einmal wirklich nicht sein ! ... Auf jeden Fall sind die Mannsbilder nach getaner Arbeit, in unserem Weinkeller gelandet, doch nicht ohne auf dem Weg dahin, noch einen Einkehrschwung in die Kneipe zu machen
... Ihr ahnt schon, was das Ende der Geschichte war ??? - nee, das könnt ihr nicht ... als ich nach Hause kam und der feuchtfröhlichen Kellerrunde ein Ende bereiten wollte, kam mir einer der Helfer entgegen. Na ja, eigentlich nicht mir, sondern den Hunden. Er ging also mit nicht mehr so festem Tritt auf die Hunde zu, hob die Arme wie ein Gespenst und machte immer, "Huh, Huh, Huh ..." - Die Hunde schauten ihn nur verständnislos an ... Aber es war ein Bild für Götter, als ein Kerl von einem Mann unsere Hunde gleich einem Gespenst erschrecken wollte. Noch heute lache ich herzhaft darüber  ... Irgendwann bemerkte er, dass er nicht die erwünschte Resonanz bekam und machte sich, durch den inzwischen halben Meter Schnee, auf den Weg nach Hause. Jetzt wohnten wir am Hang und er musste auf dem Nachhauseweg, einen Weg mit Treppen herunter, der nicht sonderlich beleuchtet war. Gerade als ich unten bei seiner Mutter anrufen wollte, kam ein junger Mann aus dem Dorf herauf und berichtete:

"Da kam ich also Nichts ahnend die Treppe hoch, als sich plötzlich im Dunklen im Schnee etwas Grosses, Schwarzes bewegte und auf allen vier Pfoten auf mich zu kam. Ich bekam einen riesen Schreck und dachte an einen Bären .... doch dann sah ich, dass das nur einer Eurer Schlachthelfer war. Dieser hatte sich wohl entschlossen, die Treppen auf allen Vieren hinunter zugehen. Ich hatte meine Liebe Not, ihn in den aufrechten Stand zu bewegen und nach Hause zu bringen " .....

Das wiederum konnte ich mir lebhaft vorstellen. Einen 120 Kilo Kerl mit reichlich Schlagseite, die Treppen hinunter zu bugsieren, das war sicher ein Kraftakt ...


Doch zwei Wochen später, war bei uns Schlachttag. Was wir aber nicht wussten, die Mannsbilder hatten sich verabredet, als Revanche für ihren letzten Kater, von vorhergehendem Schlachttag, meinen Männe abzufüllen ... und der ist nichts ahnend voll Karacho in die Falle getappt. Ich war mit den Vorbereitungen des Wurstens und der Sicherung der Ernährungslage im Haus beschäftigt und bekam das erst mit, als die Kerle allesamt mit knallroten Gesichtern herein kamen. Des Rätsels Lösung: sie haben den Wurstteig für die Salami verknetet und sich mit ihren vom darin enthaltenen Paprika, roten Händen, gegenseitig die Gesichter verschmiert. Als sie der glorreichen Idee verfallen waren, uns Frauen auch noch eine Gesichtsmaske verpassen zu wollen, habe ich sie aus der Küche komplementiert.... schlimmer wie die kleinen Kinder !!!..... doch das dicke Ende kam noch ...  - irgendwann bemerkte ich, dass es draussen seltsam ruhig war und stellte fest, dass die gesamte Mannschaft irgendwo hin verschwunden war und uns drei verbliebenen Frauen mit dem ganzen Wurstteig alleine gelassen haben. Ich kann garnicht sagen, wie laut ich fluchte. Damals war das Wurstmachen für mich damals ein absolutes Neuland und stand da mit rund 80 Kilo Wurstmasse ?!?!?! - Zum Glück kannte sich einer der Teenager aus und zu dritt kämpften wir uns durch die Kilos .... und ich habe zwei Tage danach noch kein Wort mit meinem Männe gesprochen ... Mann war ich sauer !!!!

Beim Schlachten erlebt man die dollsten Sachen ! Ganz zu schweigen, von den unzähligen Stories, die man sich danach erzählen kann. Irgendetwas fehlt meistens oder funktioniert nicht richtig: mal hatte die Hausfrau vergessen, die Därme für die Wurst zu kaufen, dann fehlte die Schnur zum Abbinden der Wurst, von fehlenden Gewürzen will ich erst garnicht erst reden. Klasse war es auch als der Befestigungssmechanismus der Abfüllmaschine fehlte und zwei Mann sie beim Füllen halten mussten ! Und manche Leute sind absolute Organisationstalente der besonderen Art: das Schwein ist geschlachtet und dann stellt man fest, dass angefangen vom Brühkessel, über die Zerkleinerungsmaschine bis hin zum heissen Wasser und Spülmittel quasi alles fehlt. Wenn dann auch noch der Hausherr und die Hausfrau dem Alkohol extrem angetan sind, dann folgt das dicke Ende spätestens am nächsten Morgen wenn die Hausherren in ihre Küche kommen. So geschehen : wir Helfer haben sich um das Schwein gekümmert, sind noch schnell in die Stadt gefahren, um das Nötigste einzukaufen, während andere im Ort die erforderlichen Utensilien zusammen getragen haben. Der Schwein zerteilt, der Schinken wurde eingesalzen, die Wurst gemacht, das Schmalz ausgelassen und das Fleisch kam in die Gefriertruhe. Wenigstens hatte die Hausfrau sich vor ihrem Totalausfall noch um die Versorgung der Helfer gekümmert und es bruzelte das Fleisch im Ofen - doch auch das Brot fehlte ... Wir haben uns um alles gekümmert, doch als die Küche nach dem Wursten aussah, wie ein Schlachtfeld, mussten wir feststellen, dass es weder warmes Wasser noch Spülmittel gab. - Fettige Gerätschaften kann man nun einmal beim besten Willen nicht mit eiskaltem Wasser reinigen, es sei denn man lebt in der Wüste und hat Sand. - Und ehrlich gesagt, wir hatten inzwischen auch reichlich die Schnauze voll und haben das Chaos hinter uns gelassen.- Die Hausleute haben am nächsten Morgen keinen  Schlag bekommen, doch ein schönes Erwachen ist sicher etwas anderes und an ein entspanntes Frühstück, war in dem hinterlassen Chaos sicher nicht zu denken. Alles war tranig, schmierig und rot vom Paprika - mir jedenfalls hätte es bei dem Anblick den Magen umgedreht - aber sie haben es unbeschadet überlebt und das Dorf war um eine Erzählung reicher ...

copright Julietta Günther



Sonntag, 25. Oktober 2015

"Unsere kleine Farm" - 2015-10-25

Gerade wenn man auf einer Tanja (ungarisch für Bauernhof) wohnt, dann hat man gelernt, wie eng Leben und Sterben beieinander liegen. Vorgestern wurden uns junge Häschen geboren und gestern starb mein erster und mein Lieblingshund. Aber auch privat habe ich die letzten Jahre erlebt, wie eng verwoben Leben und Sterben miteinander sind. Sehr oft musste ich in der letzten Zeit Abschied nehmen. Besonders ohnmächtig und mich meinen Wurzel beraubt fühlte ich mich, als mein Bruder mit gerade einmal zweiundvierzig Jahren an einem Herzinfarkt starb, dann starb nur wenig später meine Mutter nach einer kurzen Krebserkrankung und dem folgte der schrittweise Abschieds meines Vaters nach einem Schlaganfall und darauf folgender Demenzerkrankung. 

Seitdem stehe ich dem Leben mit einer anderen Einstellung entgegen und sehe vieles mit anderen Augen. 

Das Sterben gehört zum Leben dazu. "Alles hat seine Zeit" 

- Manchmal muss man innehalten und schauen, ob man dem Leben noch genügend Leben zugesteht. -

Für mich bedeutet Trauer, auch sich selbst im Wandel der Zeit zu sehen. Ich lebe in einem anderen Kulturkreis und hier wird viel offener mit dem Sterben umgegangen, doch das scheint mir auch der erste Schritt zu sein, um schneller wieder in den Alltag zurück zu finden, trotz aller Trauer.

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Auch für mich bedeutet: es wartete der Alltag einer Farm. Doch in mir weinte das Herz, während ich meinen Hund begrub. Stunden habe ich damit zugebracht, eine entsprechend grosse Grube auszuheben, zwei Kubikmeter Erde umgewälzt und dann vier Schubkarren voll Steine herangekarrt. Es war eine enorme Kraftanstrengung, nicht nur einen Hund, der fast so viel wiegt wie ich selber, zu beerdigen, sondern auch rund eine halbe Tonne Erde und Steine zu bewegen. Trotzdem ich hier auf der Farm tagtäglich einiges an Gewicht hin- und herschleppe, so merke ich doch meine heutige Aktion in den Knochen. Mir tun alle Gräten weh!

Irgendwie habe ich eh das seltsame Glück, dass ich immer wieder die A....Karte ziehe und irgendwelche Sonderaktionen unerwartet hereinplatzen, wenn mein Männe arbeiten ist. Egal wie, für mich war dies heute aber auch eine Pflicht für meinen treuen Gefährten. Ich hatte einmal einen Hund, den ich einschläfern lassen musste, beim Tierarzt gelassen. Doch seitdem muss ich immer an ihn denken, wenn ich an der "Tierkörperbeseitigungsanlage" vorbei komme und obendrein kann ich kein Stück Seife mehr anfassen, ohne dass ich daran denken muss, dass ich mir womöglich mit Hund die Hände wasche. Ich hatte mir damals geschworen, dass ich, wenn ich es verhindern kann, keinen unserer Hunde mehr dort landen wird.

............ ob allerdings mein Männe sehr begeistert sein wird, wenn er Gewähr wird, dass ich den Hund in einem Teil des Gemüsegarten begraben habe ?!? Es war einfach der schönste Platz im Garten .... 

......  Jetzt muss der Gemüsegarten wohl oder übel an einem anderen Platz angelegt werden  ....

copright Julietta Günther

Samstag, 24. Oktober 2015

"Unsere Kleine Farm" - 2015-10-24


In Memorial



An den Tag an dem Du zu uns kamst, kann ich mich noch genau erinnern. Dein Herrchen kam zu mir und hatte schon im Vorfeld von einer Überraschung gesprochen. Er hatte Dich in seine Jacke gesteckt und hervor kam ein kleines Fellbündel mit dunklen, vorwitzigen Knopfaugen. Du warst mein erster Hund. Herrchen meinte, er hätte ihn mir gebracht, damit Du mich beschützt und ich habe herzlich gelacht und meinte, ich glaube eher, dass ich ihn beschützen muss. Damals wusste ich nicht, dass Du ein staatlicher Hund werden wirst und Du mich wirklich beschützen würdest.
  Du warst ein Süddeutscher Schwarzer, eine altdeutsche Schäferhundrasse. Wir haben damals darauf gewartet. dass sich Deine Ohren aufstellen, aber das taten sie nicht. Wir hatten eine besondere Bindung zueinander. Anfangs meinte Herrchen, Du kämest nicht ins Haus, doch als es Abend wurde und Du an der Tür kratztest und jauletest, war er der erste, der Dich hinein liess. Du klebtest mir an den Fersen und hattest schnell raus, dass der beste Platz neben mir in der Küche war. 
Wenn Du draussen warst und ich am Kochen, dann hast Du immer wieder einmal, Deinen Kopf durch das Fenster gesteckt, wohl in der Hoffnung, dass etwas für Dich abfällt, was auch oft der Fall war;-)
So manch ein Besucher, wunderte sich, warum man durch das Fenster kaum durchschauen konnte, da es total verschmiert war - ich wusste warum ;-) - wenn es verschlossen war, hast Du Deine feuchte Nase solange daran platt gedrückt, bis ich das Fenster öffnete und Du mir zusehen konntest.
Mit den Katzen teiltest Du Dir einen Napf und hattest am meisten Respekt vor Kettő Labu, der kleinen zweibeinigen Katze, insbesondere als sie Dir mit einer ihrer Vorderpfoten einen Schwinger verpasste. Doch Du warst sofort zur Stelle, wenn sie Hilfe brauchte und hast sie beschützt. Lange suchte ich vergeblich nach einer Partnerin für Dich. Auch eine Süddeutsche Schwarze sollte es sein. Doch dann lief uns eine Sierra de Aires zu und Doddo wurde zu Deiner Partnerin. Ihr bekamt einigen Nachwuchs und Du hast Dich fürsorglich um Deinen Kindern gekümmert. Doddo hingegen war keine gute Mutter. Du warst ein rührender Vater mit einer Engelsgeduld und ein besonnener Rudelführer. Für mich warst Du ein treuer Gefährter und ich werde Dich schmerzlich vermissen. Die letzten Wochen bemerkte ich, dass sich in Deinem Rudel etwas verändert, doch ich konnte es nicht einordnen. Dann begannen am Montag die jungen Rüden ihre Rangfolge auszuhandeln, auch da merkte ich noch nicht, was los ist. Vorgestern wolltest Du nicht fressen und als ich gestern, das Fressen brachte, kamst Du aus Deiner Hundehütte, legtest Dich neben mich und schautest mich an - es war dieser Blick, der mir nur zu gut bekannt ist. Ein Blick, ruhig, etwas traurig, der einem sagst, es gibt keine Hoffnung mehr. Da wusste ich, Du bleibst nicht mehr lange und in der Nacht wurde ich wach und wusste - Du bist für immer gegangen. Nur sieben Jahre durftest Du auf Erden bleiben, nur sieben Jahre durfte ich mich glücklich schätzen, solch einen tollen Hund neben mir zu haben. 













Leb wohl mein Grosser! - Danke für die Zeit mit Dir und für Deine Kinder. - Dein Frauchen -

Copyright Julietta Günther 

Donnerstag, 22. Oktober 2015

"Unsere kleine Farm" - 2015-10-22

Eine Freundin hat mir erzählt,  dass sich in ihre Dachgeschosswohnung eine Maus verirrt hat ?!? - ich wusste bislang garnicht, dass Mäuse auch fliegen können, sofern sie keine Fledermäuse sind. Doch seit ich eine Zeitlang in einer Zoohandlung gejobbt habe, weiss ich, dass Mäuse ziemlich hoch springen können - in Menschengrösse gerechnet, kämen wir so sicher auf das Dach eines 5-stőckigen Hauses ....

Wir leben hier auf dem Land, haben Tiere, Stallungen und auch Futtermittellager, so bleibt es nicht aus, dass man zwangsweise mit Mäusen konfrontiert werden, aber nicht nur damit ;-)

Ich erinnere mich daran, als wir hier einzogen: das Grundstück war eine einzige Wildnis, bei der wir Tage brauchten den Weg freizuschneiden, damit wir an das Ende des Grundstückes kamen. Das Haus war noch komplett im ungemütlichen Betonbaustil mit Fenster, die mehr hinein liessen als dass sie den Wind und Regen draussen liessen - und was mich am meisten abstiess, war ein Plumpsklo im Garten. Es ist zwar nicht von schlechten Eltern, wenn man bei seiner Sitzung einen traumhaften Ausblick hat, doch nachts im Nachthemd mit Lampe, wie das HB-Männchen den Weg zum stillen Örtchen suchen, das war nun wirklich nicht mein Ding! Obendrein dachte ich an die Schlangen und dann war es ganz bei mir aus. Ergo wurde das Thema WC ganz schnell geändert. So schnell, dass mein Männe kaum schauen konnte, wenngleich er meine Aufregung überhaupt nicht verstehen konnte :-(

Wir waren beim Grundstück freiräumen, als ich auf eine schwarze Folie stiess. Als ich die wegzog, gefror mir regelrecht das Blut in den Adern. Darunter war ein Schlangennest mit unzähligen ca. 5 cm dicken Schlangen. - Ich hielt den Atem an ! - Doch scheinbar, hatten die Tiere mehr Angst als ich und verschwanden schneller in irgendwelchen Erdlöchern als ich es realisieren konnte. - Noch heute fasse ich jeden Stein in diesem Bereich sehr vorsichtig an. - Ich habe einfach eine gewisse Abneigung gegen Schlangen! Obwohl die hiesigen eigentlich hahrmlos sind und meiner Erfahrung nach auch absolut nicht glitschig, wie ich immer dachte. Zu der Erkenntnis kam ich, als ich eines Tages zum Tag der offenen Tür in den Zoo ging. Am Eingangsbereich zeigten sie Schlangen und gaben den Besuchern die Gelegenheit, sich diese genauer anzuschauen und anzufassen. Da ich nun einmal neugierig bin, ging ich näher und eh ich mich versehen hatte, hatte mir ein Kind eine Schlange übergeben. Die hatte eine samtweiche Schlangenhaut, ich dafür eine Gänsehaut und war froh, dass ich schnell ein anderes Opfer fand, der ich sie übergeben konnte. .....

Aber zurück: wir waren am Umbauen, das Bad hatte sinnvollerweise einen Zugang von aussen - dies entzog sich völlig unserer Logik und wir entschlossen uns,  die Aussentür zu schliessen, dafür den Durchgang innen zu erweitern und die Fenster auszutauschen. Gesagt getan und so geschah es, dass ein paar Tage der Raum fensterlos war ... und aus welchem Grund auch immer, war bis dato kein Licht in den Raum eingebaut worden. So war der Zustand dann eben: dunkel und ohne Fenster, aber mit Fensteröffnung. Wir behalfen uns, dass wir nachts die Tür zur beleuchteten Küche offen liessen. Ich hatte also nachts ein dringendes Bedürfnis, stapfte halbschlafend ins Bad, wollte mich gerade auf die Toilettenschüssel setzen, als ich bemerkte, dass wohl irgendeiner unserer Helfer sein grosses Geschäft nicht runter gespült hatte.
So dachte ich ! --
Doch bevor ich richtig reagieren konnte, bewegte sich die vermeindliche Hinterlassenschaft. Upps! - Ich bekam schier einen Herzkasper! - Beim genaueren Betrachten, ich hatte inzwischen eine Taschenlampe geholt, sah ich das dies ein Streifenhörnchen war, das gerade seinen Freischwimmer im Toilettenbecken machte und nicht mehr alleine heraus kam. Nun war guter Rat teuer. Aus meiner Zoohandlungszeit wusste ich nur zu gut, dass die Viecher verflixt bissig sein können. (ich hatte einmal eines an meinem Finger hängen). - Zum Glück hatte ich mich nicht auf die Schüssel gesetzt, das hätte mich glatt in den Hintern gebissen ... Autsch! - Doch nun die Frage, wie bekommt man ein bissiges und sehr flinkes Tier, das man besser nicht anfässt, aus der Toilettenschüssel ?!? - Ich hatte ja noch immer mein dringendes Bedürfnis und so wurde die Lösung des Problemes immer dringender. Meinen Männe zu Hilfe rufen machte keinen Sinn. Wenn der schläft, da könnte das Haus über ihm einstürzen und er würde weiter schnarchen ... also "Selbst ist die Frau" .... was tun? ... ich nahm einen Besen und dachte mir, dass ich ihn so in die Nähe des Tieres bringe, dass es daran heraus klettern kann - Gedacht getan, doch nicht  weit genug gedacht! .... Das possierliche Tierchen ist auch noch sehr flink und bevor ich den Gedanken zu Ende gedacht hatte, rannte es bereits den Besenstiel empor, an dessen Ende ich stand ... ich also einen markerschütternden Schrei ausgestossen, von dem selbst mein Männe wach wurde und den Besenstiel fallen gelassen.  Das war Hit: Das Bad hatten wir gleichermassen als Lagerstelle für unser Baumaterial benutzt und so verschwand besagtes Streifenhörnchen hinter den Zementsäcken. - Mir graute nun erst recht, auf die Toilette zu gehen und wartete nur darauf das mir etwas Kleines, Flinkes und vorallem Bissiges in den Nacken springt. ... inzwischen neben mir, lachte mein Männe Tränen und erklärte sich bereit, für mich Wache zu stehen. So konnte ich endlich meine Blase entleeren, während Männe sich vor Lachen ausschüttete....

Ja mit Tieren kann man was erleben! Auch in Deutschland hatte ich einmal eine Begegnung der unerwarteten Art. Ich wohnte in einem Haus mit ebenerdigen Eingang, wir sassen beim Frühstück, als plötzlich im Flur unsere Katze verrückt spielte. Nach einiges Zeit wurde mir das Theater zu bunt und ging raus nachsehen. Sie schaute und fauchte immer unter den Schrank. Ich dachte an eine Maus, doch als ich unter den Schrank sah, empfing mich ein unheilvolles Zischen. Das lag doch tatsächlich eine Schlange und was für ein Krawenzmann: gute 6 cm dick und 1,5 lang. - Ich rannte zurück ins Esszimmer und sagte aufgeregt "Du, da ist eine Schlange im Flur" - Was glaubt ihr, was erntete ich ? - Das der Mann, gleich einem Ritter, mich aus der misslichen Lage rettet ? - Neee ! - Als Antwort erhielt ich ein trockenes: "Ach so, eine Schlange im Flur - ah ha!" - Ich: "Da ist wirklich eine Schlange im Flur!" - Er:" Ja klar!" - Ich: "nein wirklich !" - Er: "mmh hmm" - Nach gefühlten fünf Minuten dieses Dialoges, erbarmte er sich in den Flur zu gehen. Kam kurz darauf zurück und meinte: " Da ist wirklich eine Schlange im Flur!" - und .... setzte sich wieder an den Frühstückstisch und frühstückte seelenruhig weiter.... Häääh!?!? - Ich stand da, kuckte wie ein Auto und war schlichtweg sprachlos ... die Katze im Flur spielte noch immer verrückt ... wieder einmal kam ein Besen zum Einsatz ... Eingangstür auf, mit dem Besen unter den Schranke gestochert, gezittert wie Espenlaub, Schlange kam raus, Richtung Ausgang gelotst, Katze wollte Schlange fangen, Schlange zischte, ich versuchte Katze zu fangen, Schlange zischte, Schlange raus aus dem Haus, Katze hinterher, Katze zu fassen bekommen, ich rein ins Haus - samt Katze, Tür zu geschlagen, erst einmal tief Luft geholt und versucht mich zu beruhigen. Rein ins Esszimmer gestürmt - inzwischen reichlich wütend ... Mann gefragt, warum er mir nicht geholfen hat und stattdessen so unberührt vom Geschehen weiter frühstücken konnte ?!?!?  - Und was bekam ich als Antwort? -  Er: "Wieso, Du hast es auch alleine hinbekommen und obendrein hatte ich Hunger ." - ................ - Wer hat Angesichts soviel männlicher Logik noch Worte ? - Mir jedenfalls fehlten sie erst einmal und das Blöde war, ich musste ihm sogar Recht geben. :-))

copright Julietta Günther

Mittwoch, 21. Oktober 2015

Abanak, der junge Inuit

Mein Name ist Abanak Nanuk. Ich lebe im Stamm der Inuit, man sagt auch, dass wir Eskimos sind. Doch das hören wir nicht so gerne. Abanak heisse ich nach meinem Grossvater und vor sechs Monaten bekam ich auch noch den Namen Nanuk, nach meinem vor einen halben Jahr gestorbenen Onkel. Bei uns Inuit ist das mit den Namen etwas Besonderes. Oft lange vor unserer Geburt erhalten wir bereits einen Namen. Es ist der Name eines Verstorbenen aus unserer Familie. Das ist für uns ganz wichtig, denn wenn ein Name ohne einen Körper zurück bleibt, dann ist das ein schlechtes Omen für unsere Familie. Mittlerweile trage ich auch noch den Namen meines Onkels und damit bin ich mit noch viel mehr Menschen verwandt. Ich habe zwei Mütter, viele Omas und Opas. Nach dem Tod meines Onkels, hat mein Vater dessen Witwe zur Zweitfrau gemacht und nun habe ich noch eine zusätzliche Mama und Schwester. Auch habe ich noch einen kleinen Bruder. Wir sind eine grosse Familie, zu der weit über dreissig Personen gehören. Wir wohnen mit mehreren Familien im Winterlager.

Wir leben im Landesinneren von Grönland, zu einer Zeit, in der es noch kein Radio, Fernseher oder gar Sozialhilfe gab. Wir müssen alles was wir für unser Leben brauchen, selber organisieren. Das Leben ist hart in den eisigen Weiten Grönlands. Wir leben vom Fischfang, dem Jagen von Eisbären und Karibus, als besondere Leckerbissen sammeln die Frauen im Sommer auch Beeren und Früchte.

Nun will ich Euch etwas von meinem Leben erzählen. Ich bin ein Junge, an der Schwelle zum Mann und morgen ist es das erste Mal, dass mich mein Vater  mit zur Jagd mitnimmt. Darauf freue ich mich schon riesig und habe deshalb die letzten Wochen ganz fleissig geübt, mit Pfeil und Bogen zu schiessen. Mein Vater hat mich gestern gelobt und meinte, ich wäre jetzt schon ein guter Bogenschütze und werde sicher auch so ein guter Jäger wie mein Grossvater. Ihr müsst wissen, bei uns sagt man, dass man die Eigenschaften erhält dessen Namen man trägt. Mein Grossvater war ein sehr guter Jäger und mein Onkel war ein sehr kluger und besonnener Mann. Ergo müsste ich ein kluger und besonnener Jäger werden. Da bin ich mal gespannt.... Wir leben zur Zeit in unserem Winterquartier in verschiedenen Inuithäusern, den Qarmag. Durch einen tiefergelegenen Eingang kommen wir in unserer Behausung. Im hinteren Bereich ist der Schlafbereich und im vorderen der Wohn- und Kochbereich. Der Quarmag ist es mollig war und er ist dick mit Fellen ausgelegt. Ich muss nun schnell ins Bett, damit ich morgen ausgeschlafen bin. Schnell schlüpfe ich zwischen Mama und Papa unter die Felle. ....

Gestern muss ich ganz schnell eingeschlafen sein. Ich habe nicht einmal bemerkt, dass Mama in der Nacht noch einmal die Quillig, unsere Őllampe, die auch unsere Heizung ist, nachfüllte. Heute ist es ein ganz klarer kalter Wintertag, die Sonne scheint und unsere Schlittenhunde scheinen zu ahnen, dass es auf die Jagd geht. Nach dem Frühstück aus rohem Fleisch und einem heissen Tee, treffen wir uns Jäger :-) (hört sich gut an: ich und ein Jäger :-)) auf dem grossen Platz zwischen unseren Qarmags. Wir setzen uns im Kreis und in der Mitte steht unser Schamahne. Er  schlägt die Trommeln und stimmt in einen Kehlgesang ein und bittet so Sila, die Göttin der Tiere, Menschen und Berge, uns freundlich gesinnt zu sein und uns eine gute Jagd zu bescheren. Als er fertig ist, spannen wir die Schlittenhunde in die Schlitten, packen unseren Proviant und unsere Jagdutensilien ein. Wir sind in dicke lange Jacken gehüllt, die aus zwei Lagen Fell bestehen. Bei der inneren Lage weist das Fell nach innen und bei der äusseren nach aussen. An die Innenseite ist noch eine Kapuze genäht. Bei den Müttern hat das Innenfell noch eine spezielle Tasche, in der sie die Babys und Kleinkinder tragen. An den Händen tragen wir Fellhandschuhe, bei denen das Fell nach innen weist und an den Füssen Fellschuhe. Die Schuhe sind auch zweilangig und bei der Aussenlage weist das Fell nach aussen. Dies hat den Vorteil, dass wir auf dem eisigen Boden nicht rutschen. So gerüstet, verabschieden wir uns von denen, die im Lager bleiben und machen uns auf den Weg zur Jagd. In schnellem Tempo geht es voran und nach etwa einer Stunde erreichen wir unser Jagdgebiet. In einiger Entfernung sehen wir eine Gruppe Eisbären und nun heisst es, sich langsam gegen den Wind an die Tiere heranzurobben. Sie dürften uns nicht hören, sehen und nicht riechen, sonst sind sie blitzschnell Auf und Davon. So tapsig die Eisbären aussehen, so schnell sind sie dennoch. Langsam Stück für Stück wagen wir uns voran. Und - auf ein Blickzeichen ziehen wir unsere Bogen auf und schon schwirren die Pfeile durch die glasklare Luft. In der Ferne bricht ein junger Eisbär tot zusammen und die anderen Eisbären rennen gewarnt davon. Wir nähern uns vorsichtig unserer Beute und ganz sicher zu sein, dass der Eisbär wirklich tot ist. Doch bevor wir uns über unsere Beute hermachen, müssen diverse Rituale stattfinden, damit wir Sila nicht verärgern, müssen wir dem Eisbär zu trinken geben, damit seine Seele gestärkt seine Heimreise antreten kann. Er bekommt auch noch von uns ein Geschenk für Sila mit. Nachdem dies erfolgt ist, wenden wir uns unserem Jagderfolg zu. Der Eisbär wird schnell gehäutet und die Eingeweide entnommen. Alles wird in eigens dafür vorgesehene Behälter gepackt. Wir machen uns eilig auf den Heimweg, denn inzwischen ist es schon nach Mittag und im Winter wird es hier schnell dunkel. Im schwindenden Taglicht erreichen wir unser Lager, wo schon die Frauen auf uns warten. Sie nehmen unsere Beute in Empfang und das Tier wird nach genau festgelegten Regeln zerlegt und unter den Familien verteilt.

Mutter macht sich auch gleich daran, das Fleisch zu Konservieren, dazu wurde es eingesalzen und in einen Ledersack gelegt. Das Fell, die Krallen usw. legte sie auf Eis, damit sie sie am nächsten Tag weiter verarbeiten kann.

Die Frauen haben inzwischen das Nachtmahl gerichtet und wir sitzen in unserem Qarmag, im Wohnbereich auf dicken, schweren und kuscheligen Pelzen. wir trinken die warme, kräftige Brühe, in denen dicke Stücke fettiges Fleisch und gesammelte Kräuter aus dem vergangenen Sommer schwimmen. Als wir fertig sind, sitzen wir zusammen, während die Alten uns Geschichten aus früheren Zeiten und von dem Leben an den Küsten erzählen.

Wir haben Verwandete dort und wir freuen uns immer wenn wir einander besuchen können und unsere Nachrichten austauschen können. Doch die Zusammentreffen haben noch einen ganz besonderen Effekt, wir handeln untereinander auch mit unserem Fleisch, Kleidung, die die Frauen genäht haben und Jagdutensilien, die von den Männern gefertigt wurden. So bekommen wir Landbewohner auch in den Genuss von Robben- und Walfleisch, können Öl eintauschen und die Seebewohner erhalten dafür warme Eisbärhandschuhe und Kleidung. Obendrein kann ich da meine zukünftige Frau sehen. Ach, das habe ich noch nicht erzählt: bereits kurz nach meiner Geburt haben die Familien untereinander beschlossen, welches Mädchen sie als meine Frau vorsehen. Neila heisst sie und ist ein wenig jünger als ich, ein kleines, etwas scheues Mädchen mit grossen dunklen Augen und langem schwarzen Haar. Es wird nicht mehr lange dauern und dann werden wir verheiratet. Bei uns wird früh geheiratet, vielleicht auch deshalb, weil die Inuits nicht so lange leben. Ich finde den Gedanken komisch, dass ich eine Frau haben werde.

Die kommenden Wochen gingen in dem gleichen Rhythmus weiter. Die Männer gingen auf die Jagd, während die Frauen sich um die Kleinkinder kümmerten, die Mahlzeiten kochten, das Feuer in Gang hielten, die Felle gerbten und unsere Vorräte anlegten. In den letzten Tagen waren sie viel am Reden. In unserer Gemeinschaft war eine Frau schwanger und wird bald ihr Kind gebären. Die Frauen geben ihr allerhand Ratschläge. Während der Schwangerschaft und bei der Geburt muss die werdende Mutter vieles beachten, damit ihr Kind gesund auf die Welt kommt. Es ranken sich allerhand Mythen darum und die werdende Mutter hat einige Tabus einzuhalten. Die bevorstehende Geburt sorgt auch bei den Männern für zusätzliche Arbeit. Für die Geburt muss ein eigens dafür ein Qarmag gebaut werden. Das Bauen der Qarmag im Winter, der Iglus auf Reisen und der Zelte im Sommercamp ist Männersache.

Und das steht heute auf der Tagesordnung: den Geburts-Qarmag bauen: Wir suchen uns dafür einen geeigneten Platz zwischen den Felsen aus. Dann spannten wir Rippenknochen von Walen, die wir bei unseren Verwandeten eingetauscht hatten, zwischen die Felsen. Ganz besonders müssen wir darauf achten, dass der Eingangsbereich tiefer liegt als der spätere Innenbereich, den nur so ist gewährleistet, dass die kalte Luft draussen bleibt und die warme Luft nicht entweicht. Inzwischen steht das Gerüst. Jetzt folgt der schwierigere Teil: im unteren Bereich werden Steine, Gestrüpp, Grasbüschel gelegt, was insofern schwierig ist, da der Boden gefroren ist und wir mit unseren dicken Handschuhen auch nicht so gut greifen können. Holz gibt es hier in unserer Gegend kaum. Uns wird so richtig warm bei der Arbeit, doch irgendwann ist es geschafft, bis auf fast einen Meter haben wir das angehäuft. Jetzt kommen die Häute zum Einsatz. Als der gesamte Qarmag damit bedeckt ist, beginnen wir mit der Feinarbeit. Alles wird noch mit Schnee abgedichtet. Stolz betrachten wir unser Werk und die Frauen beginnen mit dem Inneneinrichten, viel bedarf es nicht: einen Schlafbereich mit vielen Pelzen für Mutter und Kind und einen Quillig. Die Frauen im Dorf haben für die Schwangere eine neue Jacke genäht mit einem innenliegenden Beutel, in der sie ihr Kind tragen wird. Es ist schon fast dunkel, als wir fertig sind. Der heutige Abend wird schnell ausklingen und ich freue mich schon auf mein warmes Bett, wo wir Kinder zwischen den Erwachsenen schlafen.

Die Tage wandern dahin. Eines Tages waren wir alle zu einer mehrtägigen Jagdreise aufgebrochen. Reisende hatten von einer größeren Gruppe von männlichen Karibus gesprochen. Karibus sind uns eine willkommene Beute. Sie liefern uns Fell, sehr mageres Fleisch und aus ihrem Geweih und Knochen fertigen wir Werkzeuge. Wenn eine Gruppe Karibus gesichtet wurde, so ziehen auch andere Familien aus der Taiga dahin und es wird fast zu einem Treffen der Famlilien. Abends mussten wir Männer für die Nacht die Iglus bauen und am nächsten Tag zogen wir mit unserer Karawane aus mehreren Schlittenhundengespannen weiter. Wir waren drei Tage unterwegs. Als wir an dem Sammelpunkt ankamen, herrschte dort schon munteres Treiben. Wir begrüssten die anderen und bauten unsere Iglus. Abends sassen wir in grosser Runde zusammen und tauschten Neuigkeiten aus.

Am nächsten Tag gingen die Männer auf die Jagd nach den begehrten Karibus. Die Felle der Karibus haben eine besondere Eigenschaft. sie besitzen quasi ein Luftpolster, denn die Haare sind innen hohl mit einem Luftpolster versehen. Dies ermöglicht den Karibus, den extremen Temperaturen zu widerstehen. Sie können zusätzlich noch besonders stark ihre Körpertemperatur regeln. - Es war ein voller Jagderfolg und wir konnten fette Beute machen. Am Abend des letzten Tages fand das Lampenlöschfest statt. Nach einem üppigen Mahl, setzen wir uns auf den zentralen Platz, wir stimmten in traditionelle Lieder ein und der Schamahne begann die Trommeln zu schlagen. Er nahm Kontakt mit Aninga auf, der Seele des Mondes, der Herrscher über Mensch und Tier, der Fruchtbarkeit und der Beschützer der Jäger ist. Im Laufe des Abends wurde man immer ausgelassener und so nach und nach verschwanden die Paare in den Iglus, denn das Lampenlöschfest hat noch eine andere, für das gesunde Überleben unseres Stammes, wichtige Bedeutung: den Partnertausch.

Am kommende Tag ging die Reise zurück in unser Winterquartier, wir verabschiedeten uns, wünschten allen eine gute Heimreise und freuten uns schon auf unsere nächste Begegnung. Als wir zu Hause angekommen waren, hatten wir jede Menge zu tun: die Frauen mussten das Fleisch und die Felle verarbeiten, wir Männer die Knochen und Geweihe. Bald wurde es Frühling und wir brauchten Waren für den Tauschhandel mit unseren Verwandten am Meer. So hatten wir alle Hände voll zu, doch eines Tages starb eine meiner Grossmütter, sie hiess Kenojuak. Sie wurde von den Frauen gewaschen, angekleidet und ihr langes, kräftiges Haar zu einem kunstvollen Zopf geflochten, der weit in ihre Stirn reichte. Sie sah so friedlich aus, fast als würde sie schlafen. Der Schamahne gab ihr noch Geschenke und Wünsche mit auf ihre letzte Reise. Dann fuhren die Frauen mit ihr weit hinaus in die Taiga, legten sie in den Schnee, mit dem Blick gen Himmel und bauten über ihr einen Grabhügel aus Steinen.

Doch wie das Leben so spielt, liegt auch bei uns das Sterben und Leben nah beieinander. Keine zwei Wochen später setzten bei der inzwischen hochschwangeren Frau aus unserer Gemeinschaft die Wehen ein. Die Frauen geleiteten sie in den Geburt-Qarmag, gaben ihr genügend Wasser mit, allerdings nimmt die Schwangere keine Nahrung mit, der Schamahne rief Sila an, um sie für die Geburt um Beistand zu bitten. Es stand jetzt schon fest, dass das Kind Kenojuak heissen wird. Nun liess man die Gebärende alleine und wir werden sie erst wieder sehen, wenn bei ihren Neugeborenen die Nabelschnur abgefallen ist. Bis dahin bleibt sie nur mit Wasser, ohne Besuch und ohne Nahrung.

In der Zwischenzeit feiern wir den Wechsel der Jahreszeiten. Wir Inuits kennen sechzehn verschiedene Jahreszeiten. Es wird ein Fest mit traditionellen Tänzen und Gesängen. Dieser Wechsel hat eine besondere Bedeutung: er zeigt das Ende des Winters an und weist uns den Weg in den Frühling. Sobald die wärmere Jahreszeit beginnt, werden wir unser Winterlager abbrechen und in unser Sommerlager an der Flussmündung ziehen. Dort werden wir in Zelten aus Häuten leben, wir werden Fische und kleine Beutetiere jagen, die Frauen werden Beeren, Früchte, Vogeleier und Treibholz sammeln. Es werden Kinder geboren und Menschen sterben, wir werden unsere Verwandten am Meer besuchen und werden Besuch erhalten. Wir werden weiter im Wechsel der Jahreszeiten leben und uns an den Wanderungen unserer Jagdtiere orientieren. Eines Tages wird meine Hochzeit verkündigt und ich werde selber Kinder haben, so wie es Generationen von mir erging und wie weitere folgen werden. Hier habe ich Euch teilhaben lassen an einem Teil meines Lebens, ein Teil davon Wahrheit, ein Teil frei erfunden - doch es ist mein Leben bei meinem Stamm der Inuits.

Anmerkung der Autorin:
Es handelt sich um eine frei erfundene Geschichte, bei der ich versucht habe, Informationen aus dem Leben der Inuit mit einfliessen zu lassen - dennoch übernehme ich keinerlei Gewährleistung, das alles des Wahrheit und Richtigkeit entspricht.

- copyright Julietta Günther -






"Unsere kleine Farm" - 2015-10-21

Noch immer warte ich darauf, dass dieses für Oktober typische Dauerregen aufhört.
Ich hasse die Regenzeit !!! Alles verwandelt sich in Rutschbahnen. Ich selber sehe nach dem Füttern aus als hätte ich ein Schlammbad genommen. Die Schafe, an einem Tag  noch schneeweiß, sind in der Farbgebung nicht mehr von unseren Wollschweinen, den Mangalica, zu unterscheiden. Nicht nur die Hunde tragen uns den Dreck ins Haus und ich komme mit dem Wischen garnicht mehr nach. Sch...wetter eben! -

Was mich aber am meisten fuchst ist das, dass ich mit der Ernte nicht weiter komme. Draußen hängen auf mehr als 100 Bäumen noch die Äpfel und warten darauf eingelagert zu werden. Partiell sind die Bäume bereits abgeerntet, doch zum Einlagern müssen die Äpfel trocken sein. Langsam werden auch die Quitten reif und rund herum sind die Sträucher voll mit Hagebutten, Weißdorn und Schlehen. Mich juckt es nur so, mit mein Küchenspezialitätensortiment weiter auszubauen, die dann in den Verkauf kommen. Mein Spezialessig Sortiment hat bereits einen nicht unerheblichen Umfang angenommen und mein Männe fragt mich dauernd was ich denn mit dem ganzen Essig will. Männer! Verkaufen, was sonst und natürlich für die eigenen Küche. Ehrlich gesagt, ich habe die Geduld meines Männes dieses  Jahr auch reichlich strapaziert. Erst schwelgte ich in Bärlauch, besonders der Senf ist wirklich lecker geworden. Es folgten Kirschen, Aprikosen, Birnen, Rosen, Wildkräuter, Pilze etc.pp. - ständig war die Küche ein Schauplatz des Chaoses aus Einmachgläsern, Flaschen, Obststeigen und Kochdampf - insbesondere, wenn er früher heim kam. Upps ! Männe suchte dann nur noch das Weite und fluchte, wenn es darum ging, die Einkochergebnisse ins Lager zu verbringen.

Nun denn mit den über 150 Kilo Tomaten, die ich verarbeitet habe, habe ich dann wohl wirklich den Vogel abgeschossen. (Obwohl ich den mir  inne wohnen Vogel pflege und hege. Denn ohne meinen Vogel wäre ich nicht die, die ich bin ;-) - aber wie auch auch immer, ich hätte ja gerne noch mehr Ketchup gemacht, doch leider ging mir die Zeit aus und so musste ich entscheiden zwischen Tomaten, Tieren und Bügelwäsche !?! - was glaubt ihr, wer den Vorzug bekommen hat? Die Tiere ? nein - dies Mal war es die Bügelwäsche. Wird schließlich Zeit, wenn die Schränke zusehends leerer und der Bügelwäschekorb hingegen voller wird. Es ist ja nicht so, dass ich "keine Zeit" habe, sondern wie heisst es so schön  "Wer keine Zeit hat, der setzt seine Prioritäten nur anders" - Meine Priorität : Tomaten kontra ... - nur wenn für dem Männe zu wenig Zeit bleibt, dann läuft etwas gründlich falsch in der Planung und erst recht, wenn man sich eines Tages fragt, wer ist denn der Mann neben mir in meinem Bett ? (na ja, das kann natürlich auch andere Ursachen haben ;-) ) - Aber zum Glück schaffte ich diesen Spagat bislang relativ gut - glaube ich wenigstens ;-) - es wäre auch schade, wenn es anders wäre, denn mein Männe ist wirklich ein Schatz.

A propo Schatz: seitdem ich in Ungarn lebe, wundere ich mich immer wieder über die Texte, der ungarischen Lieder und ziehe Vergleiche zu unserem deutschen Liedgut. Hier gibt es unzählige Lieder, die der Mutter, der Familie und vorallem der Ehefrau und der Liebe zu ihr gewidmet sind. Das mit der EHEFRAU hat mich dann doch erstaunt. Ich kenne ehrlich gesagt kein Lied aus Deutschland, in der die Wertschätzung der Ehefrau besungen wird. - Andere Kultur eben ! -

Von wegen der anderen Kultur, die ersten Jahre als ich hier wohnte, hatte ich ziemliche Probleme. Nicht mit den Ungarn ! Sondern mit mir und meiner Einstellung zum Leben ! Die Ungarn waren rührend und extrem hilfsbereit. Als ich her kam sprach ich kein Wort Ungarisch . Das war zwar in der Arbeit weniger ein Problem, weil ich dort meine Übersetzer hatte (obwohl es auch dort immer wichtiger wurde, spätestens als ich bemerkte, dass die Freiheit der Übersetzung doch manchmal zu weit ging - wie bei der "Reise nach Jerusalem" - am Ende hat das was hinten heraus kommt, auch nichts mehr gemein, was ursprünglich gesagt wurde). Im täglichen Leben meisterten die Ungarn meistens meine Sprachprobleme: wie "Du verstehst uns nicht ?"- "Du warten" -"Kein Problem" - "Wir holen jemand, der spricht Deutsch" - und wirklich irgendwo aus dem Ort oder der Nachbarschaft oder am Telefon, wurde irgendjemand organisiert, der als Übersetzer fungieren konnte. War richtig süss!!! Insbesondere, wenn wieder einmal eine Hausfrau aus der Küche  beim Nudelnmachen geholt wurde und sie mit der bemehlten Küchenschürze im Amt erschien ;-) - Ich traf überall auf Hilfsbereitschaft und die Leute um mich herum gaben sich unsagbar viele Mühe, dass ich mich recht schnell dazu gehörig fühlte. Ich bin aber auch sehr dankbar, für die grosse Toleranz, die man mir, als Ausländerin und ihre Eigenheiten hier entgegen gebracht hat. Klar wird man als Fremde erst einmal beäugt und manche wahren Distanz, doch ich kam schnell dahinter, dass das oft auch Unsicherheit war. Die Ungarn wussten nicht, wie sie mit mir umgehend sollten. Das legte sich schnell, als ich auf die Leute zugingen und als ich die ersten Worte Ungarisch sprach, ging das wie ein Lauffeuer durch die Lande. Insbesonders als ich zum ersten Mal auf Ungarisch fluchte ;-))) Die Ungarn zogen mich lachend damit auf und versuchten sich ihrerseits mit deutschen Schimpfwörtern. Beiden Seiten war aufgrund der ungewöhnlichen Aussprache eine Erheiterung sicher ;-)) (versucht bloss einmal das Wort "Scheisse" mit einem langgezogenen "i" und zwei stimmhaften "s" in der Mitte auszusprechen, dann wisst ihr was ich meine)  ;-)
Schimpfwörter sind nach "Danke" -"Bitte" und "Guten Tag" wohl das erste, das man in einer Fremdsprache beherrschen sollte, das schafft schnell Akzeptanz - zumindest ist das meine Erfahrung auch aus anderen Ländern ...

Aber zurück zu meinen wirklichen Problemen bei meiner Eingliederung hier: es war meine deutsche Einstellung. Ich kam mit über 40 Jahren Erfahrung mit deutscher Genauigkeit, Regeln und Vorschriften im Kopf hierher und traf auf ungarischer Flexibilität in Problemlösung, einem ungewohnten Laisse faire und kreativer Planlosigkeit. Wenn ich in der Firma von Qualität sprach, dann schaute man mich mit grossen Augen an. Vermutlich dachte auch so manch einer "die Deutsche, die spinnt - es geht doch auch so" - Aussprüche, wie "der Kunde soll doch froh sein, wenn er die Weihachtsware zu Ostern bekommt, dieses Jahr gibt es ja auch ein Weihnachten" machten mich rasend. In der Firma kostete es mich unsagbare Kraft, Nerven und gut zwei Jahre Einsatz, den Begriff "Qualitätssicherung" zum Leben zu erwecken. Es ist nicht so, dass dies hier kein Thema ist, doch aus der Historie heraus haben viele Menschen das nie gelernt. Planwirtschaft ist eben etwas anderes als Marktwirtschaft im globalen Wettbewerb. Doch auch privat kam ich oft an meine Grenzen und raufte mir die Haare, bekam die Krise, wenn etwas zusammen gebaut wurde und unterschiedliche Schrauben und sogar Nägel dazu verwendet wurden. Welcher Deutsche würde nicht einen Anfall bekommen, wenn der neue Schrank in Folge zu weniger Schrauben im Paket, zusammen genagelt wird  und als Anwort bekommt, "wieso der Schrank steht doch" ??? - Eben !!! -

Doch nach circa zwei Jahren ging mir der sogenannte Kronleuchter auf : entweder ich lerne, mit der ungarischen Mentalität zu leben oder ich werde hier nie heimisch! - was folgte, war ein verdammt harter Weg. Ich musste lernen, öfters mal den Ball flach zu halten und den Dingen seinen Lauf  zu lassen. Je mehr ich lernte, die deutsche Mentalität etwas zurück zu nehmen, desto mehr gewann ich an Lockerheit. Ich regte mich immer weniger auf und stellte im Laufe der Zeit fest, dass es schlichtweg unnötig ist, dass alles  100%-ig sein muss. Es geht auch anders ! Und zwar viel entspannter! Heute wundere ich mich oft, worüber sich deutsche Landsleute in Deutschland, aber auch hier aufregen und frage mich, warum regen die sich überhaupt auf ?

- Ich habe aber noch etwas sehr Wichtiges hier gelernt:

Es ist nicht nötig, sich über ungelegte Eier, sprich der Zukunft, zu viele Gedanken zu machen. Es kommt eh meistens anders als man geplant hat. Noch weniger macht es Sinn, über die Vergangenheit zu lamentiere und an womöglich negative Erfahrungen festzuhalten. Der Ungar sagt dazu ganz schlicht " azt dobta ki a gép" - was soviel heisst wie " das hat der Automat für mich ausgeworfen".  - Die Ungarn, die ich kenne, leben im Hier und Jetzt und reagieren auf das was kommt mit einem, für mich oft lakonischen "Es muss sein".

Seitdem ich dies gelernt habe, habe ich eine nie erfahren Freiheit kennengelernt. - (na ja, das Deutsche kommt immer mal wieder durch und dann muss mich mein Männe wieder erden. Insbesonders als ich nach sechs Monaten Deutschlandaufenthalt wieder nach Hause kam, meinte er: "Entspann Dich, Du bist seitdem Du zurück bist, so verbissen.") - Recht hatte er.

Ich will nicht polarisieren, ein Land gut, andere Land schlecht. Jedes Land hat seine Vor- und Nachteile. Wichtig ist nur, wie wir unser Leben für uns und unsere Lieben gestalten. Auch ist der Weg, den ich ging nicht jedermanns Sache. Doch ich bin glücklich und vorallem zufrieden hier.

- copyright Julietta Guenther -

Dienstag, 20. Oktober 2015

"Unsere kleine Farm" - 2015-10-20

Es ist noch immer Mistwetter, an dem selbst die Hunde nicht auf die Strasse wollen. Nachdem die Arbeit in Hof und Garten mehr oder minder brach liegt, habe ich Zeit, neben der Hausarbeit den Gedanken nach zu hängen und komme unweigerlich auf das derzeitige Hauptthema. Insbesondere nachdem vorgestern Abend in der ARD ein Tatort gezeigt wurde, der mich zutiefst erschreckt hat. Ich dachte nur, wie kann man so einen Film nur zeigen und bin froh, dass ich als Deutsche im Ausland nicht mit so einem Film konfrontiert werde, der die Deutschen in solche einen kriminelles Licht zeigt, wie vorgestern die Ausländer. (Das ist meine rein persönliche Meinung). Ich lasse meine Gedanken laufen und denke nach, was ich über die Definitionen der Worte "Krise", "Invasion" und "Völkerwanderung" gelesen habe. Auch frage ich mich, ob auch ich ein sogenannter Wirtschaftsflüchtling bin, weil ich des Jobs wegen ins Ausland gegangen bin, wie so viele andere auch ?  Oder diejenigen, die es nach der Öffnung der Mauer in den "goldenen Westen" zog? Aber auch, was für eine Bezeichnung die Wanderungsbewegung der 70-er Jahre verdient, als es unzählige Deutsche nach Italien und Spanien zog. Ich habe mir die statistischen Daten angesehen, dort wurde schon 2013 geschrieben Zitat: "Die Einwanderung nach Deutschland ist damit zu einem wichtigen Wirtschafts- und Kulturfaktor geworden."  Im Gegenzug fiel mir auf, dass bereits 2013 laut Statistika 797.886 Menschen aus Deutschland ausgewandert sind. "goodbye Deutschland" !  - Eigentlich hätte ich mir neuer Zahlen gewünscht, die konnte ich aber nicht finden...

Ich habe mir Interesse halber mal die Zahlen von 2003 bis 2013 der Zuwanderer und der Auswanderer im Vergleich zur der Bevölkerungszahl angeschaut. Das war interessant: in diesem Zeitraum sind rund 7,5 Mio ausgewandert, ca. 9 Mio eingewandert, doch im Gegensatz dazu, hat die Bevölkerungszahl um rund 1 Mio. abgenommen. Für mich bedeutet dies, dass es nicht erst seit Kurzem eine Völkerbewegung gibt, sondern schon viele seit Jahre. Das bringt zwangsläufig auch kulturelle Veränderungen mit sich bringt. Vielleicht interpretiere ich die Zahlen auch falsch, aber ohne die oftmals jungen Einwanderer, hätte meines Erachtens Deutschland ein richtiges soziales Problem in Bezug auf Sozialversicherung, Rente und Co.  - Ergo gibt es auch hier mindestens zwei Seiten der Medallie.

Im Reuepassieren der Nachrichten der letzten Wochen fiel mir auf, dass die Begriffe "Einwanderer", "Flüchtling" und "Immigrant" immer wieder durcheinander geworfen werden und ich bemerkte die krassen Unterschiede und Ausprägungen zwischen der Nachrichtenberichterstattung der unterschiedlichsten Länder. Seit meiner Schulzeit hatte ich es mir angewöhnt, unterschiedliche Berichterstattungen anzuschauen und auch Zeitungen, unterscheidlicher Ausprägung zu lesen. Ich hatte in der Schule ein sehr kluge Deutsch- und Englischlehrerin, die einmal sagte, wenn ihr Euch wirklich eine Meinung bilden wollt, dann müsst ihr mehrere Zeitungen lesen. Dazu sahen wir einen Film, der wurde drei Mal gezeigt, doch jedes Mal mit unterschiedlichen Texten. Es war beeindruckend, wie ein Film durch den Text eine ganz unterschiedliche Aussage erhielt. Das hat mich geprägt. Auch heute fällt mir oft auf, dass die gleichen Bilder an verschiedenen Tagen gezeigt werden, aber mit komplett anderem Text und Inhalt.

Aber zurück zum Thema: da wird von "Flüchtlingskrise" gesprochen. Für mich ist das weniger eine Krise, sondern ein Problem, das dringend nach Lösungen verlangt. Insbesondere wenn ich aus dem Fenster sehe! (Auch meine rein persönliche Meinung)

Ich frage mich, was sind das für Menschen, die bei so einem Mistwetter eine Reise ins Ungewisse wagen? Was für eine Verzweiflung muss in ihnen wohnen, dass sie sich mit ihren alten Eltern, der hochschwangeren Frau und den Kindern Tausende von Kilometern auf den Weg machen? Welche Todesangst und welchen Erfahrungen sind sie entronnen? Es muss der Mut der Verzweiflung sein, der diese Menschen in Bewegung setzt und sie all ihre sozialen Bindungen, ihre Heimat, ihr Zuhause hinter sich lassen lässt !!! Auch frage ich mich, was muss passieren, damit ich meine Kinder einpacke und mich zu Fuss auf eine gefährliche Reise mit unbekannten Ausgang mache ? - Gestern hörte ich in einem Interview, wie einer der Flüchtlinge, die durch Bayern gingen, sinngemäss sagte,"wer hier in so einer schönen Landschaft und Umgebung lebt, der muss wohl 100 Jahre werden und sich glücklich schätzen. Es ist ein Paradies". - Doch ehrlich gesagt, schätzen wir wirklich unser Paradies? - Meine Gedanken gehen wieder zu den Wanderern zwischen den Staaten, die, mit unzureichender Kleidung und schlechtem Schuhwerk, sich den Weg durch den Matsch bahnen. Ich denke, daran, wie ich heute morgen, unsere Tiere gefüttert habe und daran, dass mir trotz Gummistiefel, Regenjacke und warmer Kleidung ungemütlich war und ich mich freute, dass ich nach einer Stunde schlammverdreckt und total verfroren zurück ins warme Haus konnte. Ich sehne mich nach Sonne und trockenem Wetter. Doch ich habe ein warmes und sicheres Heim und muss nicht fliehen....

"Gedanken sind frei!"

- copyright Julietta Guenther -

Montag, 19. Oktober 2015

"Unsere kleine Farm" - 2015-10-19

Ziegen sind schon doooofe Viecher !!! - oder vielleicht nur unsere ! - Keines unserer Tiere musste ich schon so oft aus unmisslichen Situationen retten, wie unsere Ziegen. Zwei haben dies auch mit dem Leben bezahlen müssen. Die Ziegen sind einfach immer dort, wo sie nicht sein sollen: Ungezählte Male steckten sie Ihre Köpfe durch die kleinen Öffnungen vom Zaun und bleiben darin stecken, da sie wegen ihrer Hörner, den Kopf nicht mehr zurück ziehen können. Eine grössere Aktion war es auch, die Viecher wieder von dem Dach des Schweineunterstandes zu bekommen. Da standen die blöden Ziegen in 2,50 m Höhe auf dem Dach und blökten, während unter ihnen aufgeregt die Schweine umherrannten. Man sollte meinen, wenn die Viecher da hoch gekrakselt sind, dann kommen sie auch wieder hinunter. Weit gefehlt! - jedenfalls nicht freiwillig ! Habt ihr schon einmal versucht, eine Katze vom Baum zu holen? Die verdrücken sich auch immer in den letzten Zipfel, wo der Arm kaum hinkommt. Bei den Ziegen ist es nicht anders - nur sind die leider grösser und vorallem schwerer. Bei allem Glück springen die uns dann auch noch den letzten Meter aus den Armen, um nicht noch ein letzten Mal, uns in den Hintern zu treten.
So viel zum " Undank ist des Welten Lohn "

Heute hat sich eines der Muttertiere in der Futterkrippe verklemmt. Wie das Vieh, da hineingekommen ist, ist mir auch jetzt wieder ein Rätsel. Den Kopf und den halbe Körper  hatte sie durch die Latten gesteckt und knabberte an dem Heu, die Hinterbeine hingegen standen auf dem Boden. Die Latten sind nur knapp 10 cm voneinander entfernt, doch irgendwie hat sie es geschafft, sich da durchzudrängen. Das mag ja eine ganz bequeme Futterhaltung sein, doch spätestens als es darum ging, dass die Ziegen in den Freilauf entlassen wurden, ward der Ziege gewahr, dass sie festgeklemmt war. Sie schaute ziemlich blöd aus dem Heu, doch ohne fremde Hilfe war kein Freikommen. - Also musste ich ran ... Es ist garnicht so einfach, einer blöden Ziege klarzumachen, dass sie die Hinterbeine nachziehen soll, damit sie nach oben hin raus kann. Erst als ich quasi der Ziege eine  "Hühnerleiter" machte, wie wir als Kinder sie machten, wenn wir an Nachbars süßen Kirschen wollten und zu kurz geraten waren, alsdass einer alleine da ran kam ;-). Irgendwann hatte ich der Ziege klargemacht, was sie zu tun hatte und irgendwann stand sie auch oben auf dem Heu in der Futterkrippe. Meine größte Sorgen war dann allerdings, dass sie sich an den Läufen verletzt, wenn sie über die Aussenmauer des Stalls klettert. Zum Glück lief der Rest dann glimpflich ab und sie rannte den anderen hinterher als sei nichts gewesen. Ich konnte dafür eine Dusche gebrauchen, denn ich kniete notgedrungener Weise im Mist des Schafsstalls. ....


.... und wer glaubt, dass Ziege daraus gelernt hat, weit gefehlt! Keine drei Stunden später hing sie wieder drin. Gleiches Spiel noch einmal, nur mit dem Unterschied, dass ich dies Mal die Ziege heraus heben musste ... Gewichtstemmen der besonderen Art ....

-copyright Julietta Günther -

Sonntag, 18. Oktober 2015

"Unsere kleine Farm" - 2015-10-18

Heute ist es seit fast zwei Wochen zum ersten Mal regenfrei - bis jetzt! Gestern hatte ich mich zu früh gefreut, als gegen 14.00 Uhr sich erneut die Schleusen auftaten. Ich war derzeit noch beim Einkaufen und als ich nach Hause kam, traf mich fast der Schlag. Unser Border Collie Hobby hatte komplett seine Farbe gewechselt. Das Freigelände, wo die Tiere ihren Auslauf haben, ist zur Zeit das reinste Schlammbad und dies wurde gestern noch extrem verstärkt. Erstens goss es schon wieder wie aus Kübeln und zweitens hat unser Hund das Gelände noch zusätzlich umgepflügt. Unsere Sauen sind läufig und so geht im Schweineunterstand  reichlich lautstark rund. Unser Hobby, seine Rasse Hütehund, muss von Arbeitsvertrags wegen natürlich nach dem Rechten sehen und gegebenenfalls einschreiten. Das tat er dann auch: der Hund rasste also stundenlang an der einen Seite des Unterstandes immer hin und her, hin und wieder sprang er beinahe an zu den Schweinen hinein. Das tat dem aufgeweichten Boden natürlich besonders gut und mit seinen Aktionen verwandelte Hund das gesamte Gelände um den Schweineeinstand in eine gut 15 cm tiefe und 1,5 m breite Schlammgrube. Da kam bei mir Freude auf !!! Zum einen beim Füttern, denn schliesslich musste ich ja durch den Schlamm, um zu den Schweinen zu gelangen. Zum anderen als ich Hobby sah. Aus dem schwarz-weissen Hund war ein komplett graubrauner geworden. Da unsere Hunde die meiste Zeit draussen sind, werden sie nicht gebadet, damit die natürliche Schutzschicht ihres Felles und Haut nicht gestört wird. Was an sich bei den kurzhaarigen Hunden kein Problem ist, doch insbesondere bei dem Border Collie und dem Kaukasischen Hirtenhund hat das fatale Folgen. Beide Hunde haben so ein dichtes Fell, dass wenn man sie baden würde, man Stunden bräuchte, die Hunde trocken zu fönen, falls sie es sich überhaupt gefallen liessen. Hobby hatte ich einmal im Hochsommer gebadet, weil er sich im frischen Mist gewälzt hatte und entsprechend stank. Doch trotz 30 Grad im Schatten war sein Fell selbst am nächsten Tag noch nicht trocken - und Hund stank trotz Unmengen Shampoo noch immer :-( -

.... so sieht Hobby normalerweise aus, wenn er seinem Zweitjob als Therapiehund nachgeht (hier wurde er in einen Rollstuhl gesetzt, damit die Bewohner eines Altenheimes, die oft selbst im Rollstuhl sitzen, besser ihre Feinmotorik trainieren können. Sie haben dem Hund nicht nur einen ihrer Sonnenhüte umgebunden, sondern sein Fell auch noch mit alles möglichen Haarschmuck geziert. Geduldig liess er es über sich ergehen, wie ihm Zőpfchen gebunden wurden, er kleine Rattenschwänze bekam und Herr Hund's Haar mit rosane Klämmerchen gefasst wurde . Die alten Leute hatten sichtlich Spass und wurden regelrecht aus ihrer Lethargie gerissen. Manche konnten sich selbst noch nach Wochen an seinen Namen erinnern, wenngleich sie auch sonst fast alles vergassen. Und mir scheint, Hobby hatte auch seinen Spass dabei .... )


Doch nun zurück zum gestrigen Geschehen. Herr Hobby war nach seiner getanen "Arbeit" so müde, dass ich ihn beinahe ins Haus tragen musste. Ich versuchte so gut es ging, den Schlamm aus seinem Fell zu entfernen, doch als ich heute morgen aufwachte, stellte ich fest, dass meine gestrigen Bemühungen von zweifelhaften Erfolg gekrönt waren. Das komplette Haus sieht aus, als hätte man einen Sandeimer ausgekippt. Der Hund ist zwar in Teilen noch immer graubraun, doch ein Teil des Schlamms muss wohl während seines Schlafes vor dem Ofen getrocknet sein und fiel aus dem Fell. Unsere Hunde taten daraufhin ihr Bestes, um den feinen Sand im ganzen Haus zu verteilen - und ich muss sagen. "es ist ihnen sehr gut geglückt !" - so und nun muss ich mit Eimer und Besen wieder " klar Schiff " machen ......

copright Juletta Günther

Freitag, 16. Oktober 2015

"Unsere kleine Farm" - 2015-10-15

Wir sind von unseren Viechern ja schon Einiges gewöhnt, zum Beispiel,

- dass Bella genau weiss, dass um 3.30 Uhr der Wecker schellt, sie kurz vorher protestierend um Einlass ersucht, dann Herrchen genau beobachtet und wenn er sich anzieht, dann verschwindet sie kurzerhand ins Schlafzimmer und lässt sich auf seiner Bettseite auf ihrer Decke nieder. Doch wehe er kommt zurück! Dann knurrte sie schon einmal, nach dem Motto: "Hier bin jetzt ich und Du musst zur Arbeit" - Am Wochenende, wenn wir schlafen wollen, müssen wir sie früher reinlassen. Sie schleicht dann ins Zimmer, schaut immer wieder Männe an und trollt sich wieder.

- dass Hunde und Katze gegenseitig Fellpflege betreiben und Zecken bei den Katzen gar keine Chancen haben, da Hund sie mit Sicherheit entfernt. Und Hobby lässt sich von unserem getigertem Kater in den Schlaf massieren. Der Kater hat Gefallen daran, mit seine Vorderpfoten in dem langem Hundefell Milchtreten zu machen, um sich dann auf dem Hund zum Schlafen nieder zu legen.

- dass Katz von Hund und umgekehrt lernen, was zwar nicht immer von Erfolg gekürt ist. So schaffte es Buddy, ein grosser Schäferhundmix, nicht unbedingt, die Mauer hoch zu klettern, darauf balancieren dann schon eher. Sein Versuch, genauso wie die Katze auf meinen Schoss zu klettern, war dann nur noch lustig. Vorderpfoten hoch, Kopf unter meinen Arm geschmiegt und dann sollten die Hinterpfoten nachkommen, doch Hund war schlichtweg zu gross und zu lang - so blieb es nach unzähligen Versuchen und meinem Tränen Lachen bei halben Hund auf dem Schoss.

- dass Buddy mich während meiner Deutschlandreise so vermisst hat, dass er danach drei Nächte lang in mein Bett schlich, ohne dass ich es bemerkte. Erst als ich mich wunderte, dass mein "Männe" auf der anderen Seite von mir liege und er über Nacht reichlich haarig geworden sein muss, entdeckte ich, dass der grosse Hund, der Länge nach neben mir lag und schnarchte.

- dass unsere drei Ganster den Geruch von frischer Wäsche lieben und wenn ich nicht aufpasse, nicht nur die Wäsche von der Leine holen, sondern sich auch genüsslich in dem Wäschekorb nieder lassen.

- dass jeder Hund eine andere Technik hat, ein Ei zu öffnen: der eine wirft es auf den Boden bis es bricht, der andere beisst hinein und schleckt es dann aus, der nächste beisst einfach drauf und isst es im Gesamten.

- dass es bei allen Tiere Dumme und Schlaue gibt, so hat Balou seinen Apfel und seine Nüsse in seine Hundehütte getragen, um sie dort zu verspeisen, während die anderen sie aus dem Schlamm des regenaufgeweichten Bodens pulten.

- dass Buddy Autofahren liebt und am liebsten den ganzen Tag im Auto bliebe, während Bella nach schon 500 m das grosse Kotzen bekommt und Bundas gar undicht wurde.

- dass Katzen Mais lieben, aber ich nicht "amused" darüber bin, wenn sie sich über meine mühsam gesammelten Pilze machen oder gar die frisch getrockneten mopsen.

- dass alle Hunde sich rührend um ein kleines Lamm gesorgt haben, das mit der Flasche aufgezogen werden musste und es tagelang gesucht haben, als es dann leider gestorben ist. Oder Hobby der ewig getrauert hat, als wir seinen Schweine-Freund geschlachtet haben. Hund und Schwein spielten immer miteinander. Ähnlich wie es später ein Hase mit dem Hund tat.

- dass Hobby als Hütehund alles hüttet was in seinem Hütebereich ist, doch die Enten und Gänse haben das noch nicht verstanden und protestieren lautstark, wenn er sie bei "Gefahr" in ihren Stall treiben will.

- dass bei uns irgendwie jede Tierart Ausreisser in ihren Reihen haben, die jede noch so kleine Chance nutzen, um auszubüchsen. Woher die wissen, wo irgendwo im Zaun eine schwache Stelle ist, wo sie durch können, ist mir ein Rätsel. Auch müssen die sich untereinander verständigen: " Hőr mal Schwein, da kannst Du den Zaun hochdrücken und kommst an die leckeren Äpfel - ich war auch schon dort" (sagt die Ziege) oder Katze zum Hund  "Komm wir spielen im Maisfeld oder klauen beim Nachbarn die Schuhe von der Terasse"

- dass Katze eines frühen Sonntagmorgens mit einer Maus in der Schnauze triumphierend  in mein Bett sprang und sie dort fallen liess. So schnell, war ich wohl mein Leben lang noch nie aus dem Bett gekommen ;-) um anschliessend in schallendes Gelächter auszubrechen. Des Rätsels Lösung: Katze hatte irgendwo in der Nachbarschaft einer anderen Katze die Plüschspielzeugmaus geklaut.

- das Buddy als junger Hund grundsätzlich nur die linken Schuhe zerfressen hat und mit Vorliebe die von mir.

- dass unser Hundebär Wasser liebt, in jeden Eimer stieg und darin baden wollte (was bei einem so grossen Hund, selbst als Welpe kaum möglich war) weshalb er auch ein Kinderplantschbecken bekam. Während Buddy bei den ersten Regentropfen in seine Hundehütte verschwindet.

- dass es beim Füttern eine regelrechte Karavane gibt:  Herrchen voran, dann hintereinander, Schafe, Ziegen, Schweine (als die noch frei herum liefen), das Federvieh und am Schluss der Hütehund.  Alles im Entenmarsch ;-)

- dass Hund und Katz aus einem Napf fressen.

ABER: neu war, dass sie auch bei der Futterbeschaffung gemeinsame Sache machen !!!

Gestern hat unser getigerter Kater den Brotschrank geöffnet. Unser Hundebär hat daraufhin ein ganzes Brot heraus geholt und gemeinsam haben sie es dann verspeist. - ... und wir hatten für den Tag und für's Frühstück kein Brot. Jetzt heisst es Brotschrank sichern oder Brot woanders aufbewahren.

copright Julietta Günther

Mittwoch, 14. Oktober 2015

"Unsere kleine Farm" - 2015-10-14

Die letzten Tage hat hier massiv der Herbst Einzug gehalten und wie es für den Oktober typisch ist, ging das einher mit jede Menge Regen. So erfreuen :-( wir uns eines nasskalten Wetters, kratzendem Hals und schniefender Nase. Selbst den Tieren setzt das Auf und Ab der Temperaturen zu. Einen Tag noch 25 Grad, dann nur noch 8 Grad, nachts gehen die Temperaturen noch weiter runter und ein paar Tage später wieder über 20 Grad. Die Katzen weigern sich aus dem Haus zu gehen und sind schneller wieder drin, als wir die Tür schliessen können. Selbst unser Hundebär hat es sich vor dem Ofen bequem gemacht, dabei hat gerade er einen Pelz, der im Laufe des Winters so dicht wird, dass ich kaum noch mit einer Bürste durchkomme, geschweige denn, dass man seine Haut sehen könnte - ein grosser Teddy-Hundebär eben...

Die einzigen, die sich wohl gestern über das Mistwetter gefreut haben, waren unsere Gangster. Am Abend zuvor hatten wir zusätzlich zu Starkregen auch noch böigen Wind. Dabei fiel draussen bei dem mitgebrachten Bauholz eine grosse Holz-Arbeitspatte um. Beim Rumtoben haben unsere Junghunde entdeckt, wie toll sich da Toben lässt. Die Platte stand ca. 45 Grad Winkel auf einer Seite hoch. Unser Hunde rannten um die Tanne herum, sprangen auf den erhöhten Teil der Platte und rutschten mit ihren nassen Pfoten auf allen Vieren hinunter. Das ging fast eine halbe Stunde so und sie hörten erst auf, als sie bemerkten, dass ich sie beobachtete und Tränen lachte.

Gestern kam der Tierarzt vorbei. Die Schafe bekamen eine staatliche angeordnete Vorsorgeimpfung. Im Umkreis ist die Blaue Zungenkrankheit ausgebrochen. Auch so eine Krankheit, wie auch der Herzwurm beim Hobby, die durch die Stechmücken hier eingeschleppt wurden. Sie kommt aus Afrika und kann ebenso tödlich enden. Die Schafe wurden zum 2. Mal geimpft. Der Logik, warum allerdings die Ziegen nicht auch geimpft wurden, konnte ich nicht folgen. Auch bliebt mir unklar, warum nur bei einem Schaf  Blutproben genommen wurden. Ob die infizierte Stechmücke weiss, dass sie auch die anderen Schafe stechen muss, damit die Blutprobe bei einem willkürlich ausgewählten Schaf ein repräsentatives Ergebnis zeigt ? Na ja, ich bin nicht Tierarzt. Für mich hat die Impferei jedoch noch ein weniger tolles Nachspiel. Scheinbar habe ich mir gestern beim Fassen der Schafe, einen Muskel im Oberarm gezerrt und bin heute wie eine einarmige Minna unterwegs. Blöderweise schränkt das meine Bewegungsfähigkeit beim Füttern der Tiere ziemlich ein.

copyright Julietta Günther