Sonntag, 2. Juli 2017

"Unsere kleine Farm" - 2017-06-19

Hier hängt der Himmel voller - nein nicht Geigen - sondern Kirschen. Kirschen über Kirschen. süß und saftig. Die Bäume hängen satt voll und die Äste neigen sich zum Boden. Diese Jahr gibt es eine Kirschschwemme und ich komme garnicht mehr nach die süßen Früchte zu verarbeiten. Inzwischen werden vielerorts die Bäume schon garnicht mehr abgeerntet und die Markthändler dürfen am Marktende ihre vollen Steigen wieder einladen. Ich selber habe mittlerweile rund sechzig Kilo verarbeiten und mir blutet das Herz, wenn ich sehe dass die Kirschen in der Nachbarschaft hängen bleiben. Einige werden vermutlich noch zu Schnaps gebrannt, doch in meinen Gedanken hängen noch die Erinnerungen an die Zeit als meine Kinder klein waren. Kirschen galten als Luxus, doch meine Kinder liebten sie. Manches Jahr versuchte ich einige Kilo zu kaufen, eigentlich um sie einzumachen. Doch meistens kam es dazu erst garnicht, denn bis ich dazu kam, sie zu verarbeiten, hatten sie bereits einen solchen Schwund erlitten, daß sie das Verarbeiten nicht mehr lohnte. War aber auch egal, denn sie waren dort hingelangt, wo sie hingehörten: in rotverschmierte Kindermünder unter leuchtenden Kinderaugen. Es stimmt mich traurig, wenn ich sehe, wieviel Obst hier nicht abgenommen wird und andersorts wären Kinder selig darüber. In Deutschland hat es mich oft bestürzt, daß so manch ein Eigentümer nicht einmal erlaubt hat, das Fallobst aufzusammeln. Lieber verrottete es auf dem Boden.

Vor einigen Jahren blutete mir so das Herz als ich sah, daß vielerorts das Obst keine Verwendung fand und ich begann die Eigentümer zu fragen was sie damit machen und ob sie es verkaufen würden. Die meisten waren froh, daß jemanden für das Obst eine Verwendung hatten und gaben es kostenlos ab. Am Ende der Saison hatte ich sage und schreibe anderthalb Tonnen Obst eingesammelt. In meinem Hof und Küche sah es damals aus wie bei einer Obstannahmestelle. Damals kam ich auch auf die Idee Apfelwein und Wein zu machen - bei dem Apfelwein zeigte mir mein Männe einen Vogel - aber es wurde der Renner im Ort. Wenn ich daran zurück denke, wie wir unseren ersten Wein machten, muss ich schmunzeln. Wir hatten keinerlei Ausstattung, geschweige denn Fässer und wir bekamen sie aus dem Ort geliehen. Den Wein ließen wir in einer Badewanne gären, um ihn dann mit einem simplen Haushaltssieb und einem Messbecher abzusieben. Das Ganze stand in der Garage und nach Feierabend im Funzellicht einer antriebsschwachen Taschenlampe produzierten wir unseren ersten Wein. Es war wohl das Glück des Unwissenden, doch es wurde der beste Wein, den wir je gemacht hatten. Allerdings einen Haken hatte das Ganze: Männe hatte die Trauben mit den Händen in die geliehende Presse geschaufelt, rote Trauben wohl gemerkt. Als Resultat lief er über eine Wochen mit schwarzen Händen herum, da kann ich derzeit mir meinen kirschgefärbten Fingern nicht mithalten. Jedes Mal, wenn Männe seine Hände hob oder ich seine Handflächen sah, begann ich schallend zu lachen. Die Farbe hatte sich tief in die Haut gesetzt, Damals wusste ich noch nicht, was ich vor einigen Tagen im Internet las: rote Trauben werden bei Naturfärbungen für Wolle verwendet.


Copyright Julietta Günther -

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