Freitag, 10. November 2017

"Unsere kleine Farm" - 2017-11-10

Die Vögel ziehen gen Süden!

Vor kurzen zogen riesige Schwärme Stare über uns hinweg, Schwärme, wie große schwarzeWolken, die in Wellen über den Himmel zogen und scheinbar ständig ihre Richtung änderten.

Nun krächzen Vogelformationen am Himmel, oft kilometerweit zu hören und manchmal nur als  winzige Punkte in weiter Ferne zu erkennen. Woher sie wohl kommen und wohin sie fliegen. Wildgänsen und Kraniche auf dem Weg in den Süden, fast möchte ich ihnen zurufen "Nimmt mich mit. Wartet auf mich und laßt mich auf Euren Flügeln mitfliegen." - In mir steigt Fernweh auf, Erinnerungen an meine Reisen auf den afrikanischen Kontinent kommen mir in den Sinn. - Ich stehe am Boden und mit wehem Herzen sehe ich ihnen nach bis sie in den Ferne verschwinden.

Fasziniert beobachte ich die Formationen. Die Vögel formierten sich wie eine Pfeilspitze. Ein Vogel flog an der Spitze, eine abgetrennte Gruppe bildete die Nachhut und interessanter Weise flogen in jedem Schwarm vier Tiere separat. Wer weiß, vielleicht sind sie die Flug-Kommandozentrale?

Als ich hier her kam, war ich anfangs etwas verwirrt: Vögel, die in Deutschland das ganze Jahr sind, überwintern hier.  Kürzlich kamen die Meisen. Nach all den Jahren, die ich hier lebe, sind inzwischen die kleinen Sänger für mich Boten aus der alten Heimat.

Immer mehr Meisen und Spatzen kommen an - doch längst sind es nicht mehr so viele wie vor ein paar Jahren. Traurig! Viele dieser kleinen Sänger sind von der Welt verschwunden, an manchen Tagen ist die Stille schmerzhaft spürbar und ich vermisse, das oft ohrenbetäubende Morgenkonzert von früher. Dieses Jahr tauchten seit Jahren wieder ein paar wenige Schwalben auf, doch auch diesen Sommer blieben die meisten Storchennester leer. Als ich Mitte der achtziger Jahren das erste Mal nach Ungarn kam, begeisterten mich die Dörfer in denen auf nahezu jeder Strassenlaterne ein bewohntes Storchennest war. Lange her, längst schon Geschichte und es wird vermutlich nie wieder so werden. Damals gab es auch noch Graureiher - ja damals ...

... und heute? Immer weniger Vögel und von den Bienen will ich lieber garnicht reden. Drei Jahre hintereinander blieben die meisten Blüten der Obstbäume unbefruchtet. Es fehlten die kleinen fleißigen Insekten.

Aber zurück zu den Wildgänsen und Kranichen. Ich las, daß die Vögel sich an der Sonne, den Sternen und dem Magnetfeld orientieren. Was ich aber am meisten erstaunt hat, daß sie meistens nachts fliegen. Eigentlich müssten die Tiere nach meinem Verständnis sich ständig verfliegen, bei so vielen Fremdlichtern der Städten und Autos. - Bei mir ist es gerade anders herum: ohne die Fremdlichter wäre ich nachts vermutlich gänzlich aufgeschmissen.

Manchmal frage ich mich sowieso, wer ist eigentlich der Schlauere? Die Tiere oder wir Menschen? Wenn ich meine Tierschar so anschaue, dann bin ich mir manchmal garnicht so sicher. Die Tiere wissen genau, was sie fressen können und was nicht. Wir Menschen haben da deutlich ein Defizit. Unsere "dummen" Hühner wissen ganz genau, daß in meiner Jackentasche eine Tüte mit Hundefutter steckt. Sobald ich nur die Hand hineinsteckte, steht Hahn und Huhn neben den Hütehunden und passen auf, daß sie etwas ergattern können.  Die "dumme" Gans kennt den Ausgang zur Außenweide und wartet darauf, daß ich einen Augenblick nicht auf sie achte und sie nach draußen entwischen kann. Das hat schon Methode! Witzig finde ich es,  wenn ich sie auf ihrem Weg ertappe. Dann nämlich macht sie einen auf harmlos und wechselt ganz unbeteiligt die Richtung - bis - ja bis ich ihr wieder den Rücken zudrehe ... Raffiniertes Vieh!

Die Schweine kletterten an der Stallwand wie auf einer Leiter empor, um dann über das Dach des Schweinestalls zu laufen und auf der anderen Seite außerhalb des Geheges wieder runterzuklettern, dann schwabbelten sie unter dem Aussenzaun durch, ab ins Maisfeld und ich bekam Ärger mit dem Nachbarn. Sämtliche Versuche sie davon abzuhalten scheiterten. Jede Möglichkeit, die wir ihnen nahmen, quittierten sie mit einer neuen Ausbruchsvariante. Nach ein paar dieser unerwünschten Ausflüge, hatte ich es spitzbekommen, daß die Tiere sich vor ihrem Ausflug "unterhielten" und ich konnte rechtzeitig eingreifen. Allerdings bei einem der letzten Sauausflüge, stand Sau auf dem Dach, während ich durch das ebensolche brach und auf dem Wildschweineber landete! Resultat: Einhundertdreißig Kilo Sau verschwand lockerflockig und recht elegant durch ein 30x30 Zentimeter großes Loch in den darunterliegenden Stall, während ich mir mehrere Rippen brach, eine Niere quetschte, die Schulter auskugelte und obendrein noch zappelnd auf dem Eber stehend versuchte mich wieder durch das Dach nach oben zu stemmen. Keine Frage, wer da die bessere Figur machte ...

Copyright Julietta Günther

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen