Dienstag, 9. Januar 2018

"Unsere kleine Farm" - 2018-01-09

Ein trügerischer Hauch von Frühling liegt in der Luft, die Sonne hat schon mächtig Kraft und es ist frühlingshaft warm. Es zieht mich in den Garten, wo Hunderte Bäume auf ihren Frühjahrsschnitt warten. Viel zu spät bin ich dran in diesem Winter. Keine acht Wochen und ich muss mit Temperaturen von Mitte zwanzig Grad rechnen. Kann sein - muss aber nicht - keiner weiss es. Die Natur hat schon auf Frühjahr umgestellt. Die Knospen drücken mit aller Macht nach, die Haselnusssträucher haben begonnen zu blühen und die Mandelbäumchen zeigen schon große Blütenknospen. Lang wird es nicht mehr dauern und sie öffnen sich. Viel zu früh, viel zu warm. Auch wenn ich es nicht ändern kann, so schiessen mir doch die Gedanken durch den Kopf: "die letzten Jahren fiel die Obsternte spärlich aus - dieses Jahr darf es nicht wieder einen Ausfall durch Frostschäden geben! Endlich mal wieder eine vernünftige Ernte, nach all der vielen Arbeit - das wäre Klasse" - Wir werden sehen was das Jahr bringt...

Bis dahin geniesse ich das laue Lüftchen und strecke mein Gesicht in die Sonne. Mache die Augen zu, die Vögel zwitschern und ich fühle mich wie im Urlaub. -

Doch die Pflicht ruft ...

Die, wie Zwiebelschalen gleich, übereinander gezogene Pullover werden nach und nach abgeworfen. Sie zieren nach einiger Zeit die Bäume und Büsche im Garten. Später am Abend werde ich sie einsammeln müssen und wieder übereinander ziehen, wenn die Sonne am untergehen ist. Die Abendstunden und die Nächten zeigen eben doch, daß es Winter ist.

Ich mache mich an den Baumschnitt und rechne hoch, daß vor mir noch acht Wochen Arbeit liegt. Das könnte knapp werden und es wird die Frage werden, was ist schneller: der Frühling mit der Baumblüte oder ich mit dem Baumschnitt? Und - wer gräbt um???

So schnipple ich an den Ästen, Leiter rauf, Leiter runter, Schubkarre weitergeschoben, bücken nach den abgeschnittenen Ästen, strecken nach einem Ast ... ich brauche kein Fitnessstudio. Meines ist hier im Garten, bei den Tieren oder im Haus.  Wie wäre es mit ein bisschen Gewichtheben? Kein Problem: ein Schaf eingefangen, auf den Rücken gelegt und Huf-Pediküre. Gleich purzeln die Kalorien! Soll es mal gemäßigter sein, dann müssen die Heuballen herhalten. Ein Ballen fünfundzwanzig Kilo in den Stall gebracht, eine leichte Trainingseinheit. Manchmal ist auch eine Trainingstunde Jogging oder Spurten im Programm. Dazu braucht nur einmal die Herde durchgehen - dann heisst es Beine in die Hände genommen und den Ausreißern hinterhergespurtet und rechtzeitig da sein, bevor sie die Kreisstrasse erreichen. Soll es ein wenig Streching sein? Rauf auf dem Baum und die Kirschen oder Aprikosen abgenommen. Mein Fitnessprogramm heisst: Obsternte, Viecher füttern, Gras mähen, Heuballen umlagern, Ställe ausmisten, Hufpflege, Holzhacken und wenn es richtig heftig kommt, dann heisst es unseren sturen Kaukasier mit Kraftaufwand davon zu überzeugen, daß sein Spiel zu Ende ist und es nun Zeit ist, nach Hause zu gehen. Gute achtzig Kilo stures Lebengewicht auf vier Pfoten - das ist schon Hochleistungssport. Unlängst stellte ich fest, daß ich heute auf meine alten Tage gelenkiger bin als zu der Zeit als ich dreißig war. Ja gut, mit dreißig bin ich alter Knochen auch nicht auf Bäume gekrakxelt. Alter schützt vor Torheit nicht! - Oder wie ich sage: " wenn nur alt genug ist, dann kann man sich einiges an Blödsinn erlauben und - es im Zweifelsfall auf das Alter schieben" ☺ -

In diesem Sinne: "Altes Haus macht Dir nichts daraus, wenn andere sich über Dich nur noch wundern ☺ - Hauptsache es geht einem gut dabei."

Copyright Julietta Günther

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