Samstag, 4. März 2023

Renovieren einmal anders

Mein ältester Sohn war gerade einmal ein halbes Jahr. Er war kein pflegeleichter Säugling, sondern einer der alle zwei Stunden an die Brust musste, dann eine Stunde nuckelte, eine Stunde schlief, um dann wieder zu brüllen. Tag und Nacht! Ich kam reichlich an meine Grenzen.

Wir wohnte damals in einer kleinen Dachgeschosswohnung mit Schrägen. Gerade erst eingezogen, frisch renoviert und das kleines Reich unserer jungen Familie.

Eines Tages, ich war gerade am Mittagessen vorbereiten, das gesalzenes Nudelwasser stand auf der Herdplatte, die begann warm zu werden. Mein Sohn wurde munter und wieder erfüllte ein "Ich habe Hunger"- Gebrüll die Räume. Ich ging ins Wohnzimmer, nahm ihn an die Brust. Er nuckelte schmatzend vor sich hin. Ich musste wohl eingeschlafen sein, denn nach einiger Zeit wurde ich wach, weil mein Spross nach dem Milchzapfhahn suchte und ihn gefunden hatte. Nach der Fütterung beschäftigte ich mich noch eine Weile mit meinem Sohnemann.

Es waren inzwischen gute drei Stunden vergangen als mir einfiel, daß ich irgendwann einmal Nudelwasser aufgesetzt hatte. Flugs lief ich in die Küche. Der Topf auf dem Herd hatte mittlerweile alle Anlauffarben erhalten und war innen mit einer weissen Salzschicht überzogen. Das Wasser war verdampft. Der Topfboden und die Herdplatte glühten rot. Nachdem die Herdplatte ausgeschaltet war und das Ensemble langsam begann sich abzukühlen, wollte ich den Topf von der Platte nehmen. Es ging nicht! Topf und Herdplatte waren miteinander verschmolzen. Nach einiger Zeit schaffte ich es dann doch noch die beiden Komponenten von einander zu lösen, doch die Platte war nicht mehr zu gebrauchen.

Ich war so mit dem Topf und dem Herd beschäftigt gewesen, daß ich garnicht auf meine Umgebung achtete. Als mir ein Tropfen vom Dachfenster in den Nacken fiel, bemerkte ich, daß die Küche sich in eine Sauna verwandelt hatte. Die Scheiben waren beschlagen und das Wasser lief an ihnen herab. Als ich mich dann umdrehte, traf mich fast der Schlag. Bei den Möbeln sah es nicht anders aus. Aber richtig heftig waren die Wände. Dort hatte sich in Folge des Wasserdampfes, die frischen Tapeten gelöst und waren nun von den Wänden gerollt. Autsch! Ich wusste nicht, ob ich die Angesicht dieses Ergebnisses nun lachen oder weinen sollte. Aber eines wusste ich ganz sicher, mein Mann wäre sicher nicht erfreut darüber und es stand neues Tapezieren an. Die Tapeten liessen sich ja noch verwenden, waren ja fein säuberlich von den Wänden gerollt.  Aber es brauchte ein paar Tage bis die Wände so trocken waren, daß die Tapeten dort überhaupt hielten.



Copyright Julietta Günther

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