Donnerstag, 30. März 2023

30 - Mikesch - der kleine Kater Naseweis

 ... die kommenden Tage vergingen für die drei wie im Flug. Sie hatten sich viel zu erzählen und waren richtig gute Freunde geworden. Es nahnte die Zeit des Abschieds. Je näher der Hafen kam, desto trauriger, aber auch freudiger wurden sie. Traurig waren sie, weil sie wussten, dass sie sich wahrscheinlich nie wieder sehen werden. Etwas hilflos in ihrer Traurigkeit versprachen sie zu einander Kontakt zu halten, wohl wissend, dass das ein unerfüllter Wunsch ist. Freudig waren hingegen Tante Mo und ihr kleiner grauer Freund. Sie freuten sich auf ihr zu Hause. Tante Mo konnte es kaum erwarten, ihr kleines Häuschen und vorallem ihren üppig blühenden Bauerngarten zu sehen. Und ihr kleiner grauer Freund? Auf der Reise war ihm etwas ganz besonderes deutlich geworden. Es gab eine kleine, süsse Mäusedame, die er während der Reise schmerzlich vermisst hatte. Bis dato war er eher als Mäusecasanova unterwegs, weshalb ihr die kleine Püppi  abblitzen liess. Nun wusste er, dass er immer auf der Suche war. Aber auch, dass er seinen Schatz in Gestalt von Püppi längst gefunden hatte. Es quälte ihn der Gedanke, dass die liebevolle Mäusedame sich womöglich einem anderen Mäuserich zugewandt haben könnte. Am liebsten hätte er sich nach Hause gebeamt. 

Am Abend bevor das Schiff der Hafen erreichte, rief Tante Mo Mikesch in ihre Kabine. Da stand ein riesiger Karton auf den Tisch. Trabte Mo sagte: "Das ist mein Abschiedsgeschenk an dich". Als Mikesch den Karton öffnete, traten ihm vor Rührung die Tränen in die Augen. Hunderte grauer Fellmäuse blickten ihm entgegen. Tante Mo musste Tage damit verbracht haben, sie für ihn zu nähen. Mit einem Mal kam sich Mikesch richtig schäbig vor, weil er so mit sich beschäftigt gewesen war, dass ihm nicht in den Sinn kam, sich für seine Freunde ein Abschiedsgeschenk zu überlegen. Tante Mo meinte zwinkert :" damit du deine Arbeit erledigen kannst". Als sie erkannte, dass Mikesch mit seiner Fassung rang, nahm sie ihn schnell in ihre Arme. Mikesch versteckte seinen Kopf in ihre Armbeuge und schluchzte lautlos vor sich hin. 

Und wie in letzter Zeit so häufig,  vermisste er die Geborgenheit einer Familie und eines Zuhauses.

Die Nacht konnte Mikesch kein Auge zu bekommen. Seine Gedanken kreisten ohne Resultat und als am kommenden Morgen der Abschied kam, stand ein ziemlich verkaterter Kater am Gangway. 

Der Abschied fiel kurz, fast schon tonlos aus. Sie drückten sich herzlich als wollten sie sich nicht mehr loslassen. Es folgte ein kurzes Nicken und die stumme Frage : "willst du nicht mit uns kommen?" Mikesch antwortete mit einen stummen kleinen Kopfschütteln. Tante Mo und ihr kleiner grauer Freund verließen das Schiff. Mikesch sah ihnen lange nach. 

Mit einem Mal streichelte ihm jemand über den Kopf. Als er aufsah, blickte er direkt in Pittyu's verständnisvolle Augen. "Ich weiss nur zu gut, Abschied ist immer ein klein bisschen wie Sterben" . Eine  Weile standen sie noch stumm nebeneinander. Dann rief die Arbeit sie aus ihren düsteren Gedanken. Manchmal ist Arbeit eine gute Medizin. So stürzte sich der kleine Kater Naseweis in folgenden Tagen die Arbeit des vermeindlichen Mäusefangens. Wenn Mikesch gar so niedergeschlagen war, dann brachten ihn die Crewmitglieder zum Lachen. Sie waren eben doch eine grosse feste Gemeinschaft, in jeder sich aufeinander verlassen konnte und die einem auch in schweren Zeiten Halt gab.

Mikesch fuhr viele Male die Tour nach Island und zurück. In der Regel blieb er an Bord. Irgendwie war ihm die Lust auf Abenteuer vergangen. Erstaunlicherweise gingen ihm die Fellmäuse nie aus. Es wurde ihm schon langsam unheimlich.


... Fortsetzung folgt...


Copyright Julietta Günther 

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