Mittwoch, 9. Dezember 2015

"Unsere kleine Farm" - 2015-12-09

So richtig Schwung kommt zur Zeit bei mir nicht auf. Seit Tagen ist das Land schon in einer weissen Nebelschicht gehüllt. Der Nebel liegt wie ein Tuch über den Feldern, den Häusern und man kommt sich vor als lebe man fernab allen Lebens. Eine Trägheit liegt in der Luft, die auch an mir nicht spurlos vorüber geht, sie hemmt meinen Aktionsdrang und selbst die Tiere verkrümeln sich die meiste Zeit in ihren Behausungen und schnarchen sich durch den Tag. Alles ist feuchtkalt und wenig erbaut über das Wetter, versorgte ich heute morgen die Tiere.

Am meisten Spass hat mir dabei das tägliche Hundetraining gemacht. Dabei ging mir so durch den Kopf, wie unterschiedlich die Tiere doch sind und wie sehr sie sich in ihrem Charakter voneinander unterscheiden.So verschieden sie sind, so verschieden läuft auch ihr Training ab.Wir haben zwölf Hunde: Sture, Ängstliche, Draufgänger, Raffinierte, Kluge, weniger Kluge, Verfressene, Verhaltene usw. Jeder Hund hat seine eigene Eigenart, aber auch von der Rasse her bestimmte Eigenschaften:

Da gibt es Caesar, unseren Kaukasischen Owtscharka, ein Bär von einem Hund, ein halbes Kalb. Stur wie ein Muli. Ein Herdenschutzhund, der alles beschützt was auf dem Gelände ist, mit einem Gedächtnis wie ein Elefant. Der Hund braucht eine starke Hand, die aber wissen muss, dass Caesar nur dann etwas macht, wenn ER es will. Ein dessiertes "Hündchen" wird nie aus ihm. Er ist eine treue Hundeseele, die aber schon alleine durch ihre Grösse Respekt einflösst und uns nicht nur einmal mit seinem tiefen Wolfsgeheul aus dem Bett geworfen hat. Blöderweise lernen die Tiere voneinander. So ist es nicht verwunderlich, dass inzwischen alle zwölf Hunde in das Konzert mit einstimmen. Sollte irgendwer die Absicht gehabt haben, bei uns einzubrechen, spätestens jetzt dürfte ihm das Herz in die Hose rutschen. Caesar ist also ein Sturkopf, der sich nicht einmal mit Wurst locken lässt, wenn er es nicht will. Ihn zu erziehen ist nicht immer einfach, insbesondere wenn der grosse Teddybär einem mit seinen grossen Augen anschaut, sich auf die Hinterbeine setzt und einem die Pfote geben will. Hier immer standhaft bleiben ist nicht so einfach ;-).

Er liebt unsere Enkelin abgöttisch und lässt sie sogar auf ihn liegen. Unsere Katzen schlafen mit Vorliebe auf seinem dicken buschigen Schwanz. Einer gestattet er sogar sein Futter zu klauen, wo er sonst keinen Spass versteht. Nur, wenn der grosse Hund auf die Idee kommt, die Katzen zu flöhen, da verstehen die oft keinen ... dabei geht er so vorsichtig zu Gange, aber grosse Hundepranke ist nun einmal eine grosse Hundepranke.

Inzwischen hat er auch gelernt, dass er nicht in unser Bett gehört. Dazu muss man sich nur einmal vorstellen: mitten in der Nacht, man ist gerade in einem wunderschönen Traum, als sich ein schweres Gewicht auf einen legt, man wach wird und feststellt, dass sich ein grosses Ungetüm ganz vorsichtig, ohne dass es bemerkt wurde, ins Bett geschlichen und sich auf einen gelegt hat. Wer sich jetzt vorstellen kann, welche Mühe man hat, nur seinen Arm unter einem mehr als 80 Kilo Hund hervorzuziehen, der absolut keine Anstalten macht, sich auch nur einen Zentimeter zu bewegen ... Der weiss, wie es mir ergangen ist! Da schaut mir ein grosser Hundekopf mit seinen grossen Knopfaugen entgegen und eine grosse nasse Hundnase schnuppert an meinem Gesicht, während ich unter ihm zappelnd versuche, darunter hervorzukommen. Das Ganze wird noch gewürzt, dass ich dabei einen Lachanfall bekam. Irgendwann war es Caesar wohl zu unruhig auf seinem Liegeplatz und er trollte sich - doch in Kaukasiermanier : gaaaanzz laaangsammm! - Und ich bekam wieder Luft.

Caesar ist der Liebling unserer Besucher, aber er ist nicht Ohne! Und erst recht kein Anfängerhund!

Letztes tobte er mit unserer Bella über das Gelände, lief schnurstraks durch das geschlossene Gartentor und riss dabei sämtliche Aufhängungen aus ihrer Verankerung. Eine Dampfwalze hätte das nicht besser gekonnt!

Doch Caesar hat auch einen "Feind". Es ist Jojo, der Kleinste in unserer Truppe. Jojo ist ein Foxterrier. Die beiden sind sich spinnefeind, insbesondere seitdem Jojo sich mit ihm anlegt hat. Jojo hat wie die meisten kleinen Hunde, insbesondere Foxi, einen Napoleonsyndrom: "er meint, er ist der Grösste" - doch das lässt sich ein Kaukasier nicht bieten, schon garnicht von so einem kleinen Floh. Insbesondere nachdem Jojo meinte, er müsse Caesar beissen. Nun müssen wir die beiden tunlichst voneinander getrennt halten, sonst geht es rund.

Jojo ist also ein Foxi. Ein Hund mit einer Energie wie ein Duracellhase, der es schafft eine Stunde wie ein Bekloppter durch den Garten zu fetzen. Foxterrier werden zur Wildschweinjagd eingesetzt, da sie es schaffen ein Wildschwein zu erlegen. Als Jojo zu uns kam,wurden wir gewarnt, dass er bei uns alles zur Strecke bringen würde, was sich bewegt. Und heute kann es keiner fassen, wenn man ihn sieht, wie die Katzen auf ihm schlafen oder er ihnen die Ohren putzt.

Jojo lief uns zu. Er war auf einem der Nachbargrundstücke an der Kette angebunden, damals noch kaum drei Monate alt. Es war Herbst und der kleine Kerl jaulte die ganze Zeit - und unsere Hunde mit ihrem Beschützerinstinkt mit ihm. Es war schier nicht zum Aushalten.- Irgendwann war Ruhe, doch erst ein paar  Tagen später entdeckte ich wieso! Jojo hatte sich von der Kette gerissen und hatte bei unserem Buddy im Asyl gebeten und gewährt bekommen. So lag er bei ihm in der Hundehütte, nur zu seinen Futterzeiten flitzte er nach Hause. Dort wurde er von seinem Besitzer wieder eingefangen. Und das Spiel begann erneut. Doch die Hütte des Kleinen Kerls stand so, dass aller Regen, Wind und Schnee in seine Hütte kamen. Ergo riss er sich wieder los und landete wieder bei uns. Das Spiel zog sich über Monate hinweg: Jaulen, Ausreissen, zu uns kommen und wieder zurück gebracht werden. Inzwischen war es Winter geworden. Sein Herrchen kam nicht mehr jeden Tag. Eines Tages kam ich aus der Haustür und auf der Fussmatte lag ein kleines zitterndes, krankes Fellbündel und ich beschloss, ihn nicht mehr zurück zu bringen. Jojo wurde gesund gepflegt und bekam ein Daueraufenthaltsrecht mit Familienanschluss.  Erst nach einen dreiviertel Jahr schaute sein ehemaliger Besitzer vorbei, um seiner Enkelin zu zeigen, wo Jojo jetzt wohne.

Jetzt ist Jojo zweieinhalb Jahre alt und sein früheres Herrchen wollte ihn kürzlich zurück haben. Doch Jojo bleibt! Ein Tier ist doch kein Möbelstück! - Wie auch immer: Jojo, unser zum Grössenwahn neigender Foxi, ist auf der anderen Seite aber auch ein Schisshase, der bei Gewitter zitternd mir nicht mehr von der Seite weicht, bei Nebel und Wind sich nicht aus dem Haus traut und in die hinterste Ecke flitzt, wenn er Caesar grollen hört, nicht aber ohne ihn nicht noch vorher anzukläffen. Obendrein ist er eine grosse Frostbeule und legt sich am liebsten vor den brennenden Ofen, sodass wir ihn des öfteren schon mal davon entfernen mussten, weil er total warm war. "Hot Dog" eben!-

Doch Jojo hat einige Probleme: Scheinbar wurde er zu früh von der Mutter getrennt, wuchs quasi in der Wildnis auf,  mehr oder minder auf sich alleine gestellt. Temporär hatte er sich auch einem streunenden Hund angeschlossen. Ihm fehlt die soziale Kompetenz, ist dabei auch recht trainingsresitent. Es hat in zwei Jahren noch nicht gelernt, was unsere Junghunde innerhalb weniger Tagen lernten. Bei ihm verlege ich mich daher eher darauf, ihn so zu lassen wie er ist, ihm so viel Gehorsam beizubringen wie nötig und ihn zu zeigen wo seine Grenzen sind. - Ein ist ein lieber kleiner Kerl.

morgen erzähle ich weiter von unseren anderen Rabauken ...

copright Julietta Günther

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen