Freitag, 20. November 2015

"Unsere kleine Farm" - 2015-11-20

Eine leise Melancholie hat sich heute eingeschlichen .. die Äpfel, die bislang wie rote Kugeln die Bäume zierten, sind jetzt abgenommen und eingelagert. Die duftenden Quitten grösstenteils bereits in Körbe gelegt. Sie warten jetzt auf ihre Weiterverarbeitung, zu Gelee, Likör, Essig und Schaps. Ihr Duft erfüllt die ganze Küche und das Lager. Im Haus ein Hauch von Sommerlaune  -

 
draussen riecht es nach Herbst und nassen Laub, die Bäume verlieren ihre Blätter und manch einer zeigt bereits sein kahles Astgerippe.

Apfelbaum mit Äpfeln und Apfelblüten
Es ist eine Mischung von Apfelbaumblüten gepaart mit gelben, roten und braunen Blättern und noch saftigem Grün der Wiesen.

In der Luft hängt auch der honigsüsse Duft der Chrysanthemen.


Doch überallem liegt der Wechsel der Jahreszeit wie ein Omen.  In wenigen Tagen wird wohl der erste Schnee das Land bedecken und die Welt um mich herum in eine Stille tauchen. Nach dem regen Treiben der letzten Monate ist die Zeit der Besinnung auch eine Zeit der Erholung, dem Tanken neuer Kräfte - doch wie auch immer in jedem Jahr, müsste so vieles noch gemacht werden vor dem heran nahenden Winter, gleich wissend, dass die Zeit nicht ausreichen wird. So beschränkt man sich auf das Wichitgste: Vergangenes Wochenende konnte das Dach des Schafsunterstandes repariert werden, das der letzte Sturm zerfezt hatte. Der neue Schweinestall steht noch an. Die Schweine haben solch eine Party gefeiert, dass ihr jetziger Holzverschlag in reichlicher Schieflage geraten ist. Spätestens bis Mitte Januar, wenn die ersten Ferkel der neuen Saison geboren werden, muss dafür eine Lösung her, in der Hoffnung, dass der jetzige dem ersten Schnee stand hält. Zeit ist knapp und seitdem Männe auch noch fast jedes Wochenende arbeiten muss, ist sie noch knapper. Ungarisch gedacht: es wird schon irgendwie ...

Rückwirkend betrachtet war es heuer ein relativ gutes Jahr. Die Bäume waren voll, wenngleich die Trockenheit des Frühjahres/Sommers und und die Hitze des Sommers etlichen Ausfall ergaben und viele Früchte zu klein blieben oder aber bereits am Baum zu Mus verkochten. Der Mais stand gut mit durchschnittlich 4 Kolben an jeder Pflanze. Die Trockenheit hatte erstaunlicher Weise hier nur wenig Auswirkungen, doch das lag vermutlich an der Lage des Feldes in Waldnähe. Dies wiederum war jedoch ein Fressen für die Wildschweine und Rehe und so hatten wir auch dort einigen Ausfall. Dem Gemüsegarten hingegen konnten wir durch die Dürre als Totalausfall verbuchen. Da wir nur an Ziternenwasser mit Regenwasser hängen und somit in den trockenen Monaten Wasser sparen mussten, blieb das Giessen weitestgehend aus. Doch das hatte auch einen Vorteil: ich musste mich nicht mit Hacken und Co beschäftigen. Der Boden war über viele Monate sowieso viel zu hart dafür. Selbst ein halbstündliches Giessen hätte da keine Abhilfe geschaffen, da das Wasser kaum mehr als 2 cm in den Boden drang.  Alles in Allem können wir nicht klagen. Klar, besser sein könnte es immer - aber wie sagt der Volksmund so treffend " besser ein Spatz in der Hand, als eine Taube auf dem Dach" -

Einfach nur zufrieden sein, mit dem was man hat, anstatt sich über das was man nicht hat, zu beklagen.

So ein Wechsel der Jahreszeiten verführt auch, über den Lauf der Zeit nach zu denken. So auch über das eigene Alter. Vor Kurzem stellte ich fest, dass mein Spiegelbild nicht mit mehr meinem Inneren übereinstimmt. Wenn ich mich so sehe, wie ich mich innerlich fühle, dann komme ich mir vor wie dreissig oder vierzig, wenn ich aber in den Spiegel schaue, dann kommt es mir vor, als würde mir eine alte Frau, ein Fremde entgegen blicken. So ähnlich wie sich kürzlich ein Mann im Fernsehen bei einem Interview anlässlich seines 60-ten Geburtstages geäussert hat. Er meinte, er sei wohl der älteste Teenager. Ich machte mir darüber Gedanken und kam zu dem Schluss, dass es für mich zwei Lösungsmöglichkeiten gibt: 1. ich passe mein Äusseres meinem inneren Empfinden an. Doch mangels Mangels in der Kasse, scheidet das aus und obendrein würde mir dann vermutlich eine jugendliche Fremde aus dem Spiegel entgegen blicken oder jemand der natürlichen Schönheit so entfremdet ist, wie Gloldie Hawn. Oder 2. : ich lasse den Blick in den Spiegel. Das allerdings kann den Nachteil haben, dass man sich zum Gespött der Leute macht, wie mir unlängst passiert. Ich grub im Garten als mir einfiel, dass ich noch schnell im Laden etwas einkaufen gehen muss. Also losgespurtet - ohne vorherigen Kontrollblick in den Spiegel - mich freuten die freundlichen, lachenden Gesichter im Laden. - Erst abends als mein Männe heim kam, wurde mir klar, was zu dieser heiteren Stimmung geführt hatte. Beim Graben im Garten mus ich mir mit der erdigen Hand durchs Gesicht gefahren sein und habe mir dabei einen schwarzen Bart ins Anlitz geschmiert. Mein Männe lachte jedenfalls Tränen als er mich sah ... und ich musste lachen, als er mir gestand, dass auch er längst den Blick in den Spiegel meidet.

So lassen wir es dabei "Man ist so jung, wie man sich fühlt" - früher konnte ich mit diesem Ausspruch nicht besonders viel anfangen, mittlerweile habe ich ihn wirklich verstanden. ;-)

copyright Julietta Günther

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