Montag, 28. November 2022

Weinbergschnecken

Meine Kindheit war recht unbeschwert. Meistens lebten wir am Rande von Wald und Feldern und so stromerten wir viel durch Wälder und Flur. Die Plätze für die Maiglöckchen für Muttertag kannten wir gut, ebenso wo die grössten Walderdbeeren waren, Pilze oder auch wie man an die Himbeeren in Nachbars Garten kamen. Wir lebten ein paar Jahre in einem kleinen Dorf in einem Mehrfamilienhaus. Das Gebäude hatte einen Keller, mit deckenhohen Regalen, in denen meine Mutter die eingekochten Schätze bewahrte. Damals müssen wir circa sieben und drei Jahre alt gewesen sein. Am Ende der Straße war ein kleiner Weinberg. Ein richtiger kleiner Berg, wohl eher ein größerer Hügel, der rundherum mit Rebenstöcke  bepflanzt war. 

Auf der anderen Strassemseite, gegenüber unserer Wohnung  befand sich ein riesiger Spielplatz.

Wir spieltem dort oft  Spargelstechen. Dazu gruben wir unsere nackten Füsse in den Sand und streckten immer mal wieder einen Zeh  heraus, den der andere fassen musste. Nachdem wir alle kitzelig war, war das Gekichere und Gelächter gross.

Eines Tages erzählte meine Freundin, dass man mit Weinbergschnecken Geld verdienen kann. Die Idee gefiel uns. So zogen meine gleichaltrige Schulkameradin und ich mit meinem kleinen Bruder im Schlepptau los. Holten von zu Hause einen zehn Liter Wischeimer und ab in den Weinberg Schnecken sammeln. Wir waren recht fleißig und schnell war der Eimer dreiviertel voll. Allerdings sammelte mein Bruder alles ein, was nur irgendwie nach Schnecken aussah, auch die Allerkleinsten und auch die ohne Schneckenhaus.

Dann rief uns meine Mutter rein. Den Eimer mit den Schnecken schmuggelten wir ins Haus und brachten ihn in den Keller. Es sollte schliesslich eine Überraschung sein, dass wir Geld verdient hatten. Beinahe hätte mein Brüderchen uns verraten. Zum Glück konnte sich meine Mutter auf sein Gebrabbel keinen Reim machen.

... und wie Kinder so sind ... aus den Augen aus dem Sinn ...

Am nächsten Tag gellte ein Schrei durchs Haus. Oh ha! Wenn meine Mutter unsere Kosenamen zusammenzog und als einen Namen sagte, hatten wir irgendetwas ausgefressen und es war Vorsicht geboten! Als wir in den Keller kamen, traute ich meinen Augen nicht - hunderte Schnecken waren auf Wanderschaft gegangen. Sie waren über die Gläser mit dem Eingemachten gekrochen, kletterten die Regale hoch, klebten kopfüber an der Decke, na ja und am Boden laufen konnten wir auch nicht mehr

🙈

Sah schon komisch aus. Als ich dann auch noch anfing zu kichern, platzte meiner Mutter endgültig der Kragen. Mann war die sauer! Wir mussten gefühlte Stunden die Kriechtiere wieder einsammeln und unsere Beute wieder in den Weinberg bringen. Die schönen Schnecken und der Verdienst war auch futsch😒

Obendrein bekamen wir eine Woche Hausarrest..  kein Spielplatz. Meine Mutter sprach tagelang sehr einsilbig mit uns. Insbesondere wenn sie aus dem Keller kam, gingen wir besser in Deckung. Das legte sich erst wieder, nachdem sie alle Regale, Einmachgläser, Werkzeug, Fahrräder, Kinderwagen etc. Von der  klebrigen Schneckenhinterlassenschaft befreit hatte. 

So war es nichts mehr mit Schnecken Geld verdienen. Jahre später versuchten wir es moch einmal mit Kastanien, die man an den Zoo verkaufen hätte können. Nun denn, die krochen wenigstens nicht aus dem Sack, aber rochen nicht sehr angenehm, als sie zu schimmeln begannen.

😂


Copyright Julietta Günther 

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