Dienstag, 20. Oktober 2015

"Unsere kleine Farm" - 2015-10-20

Es ist noch immer Mistwetter, an dem selbst die Hunde nicht auf die Strasse wollen. Nachdem die Arbeit in Hof und Garten mehr oder minder brach liegt, habe ich Zeit, neben der Hausarbeit den Gedanken nach zu hängen und komme unweigerlich auf das derzeitige Hauptthema. Insbesondere nachdem vorgestern Abend in der ARD ein Tatort gezeigt wurde, der mich zutiefst erschreckt hat. Ich dachte nur, wie kann man so einen Film nur zeigen und bin froh, dass ich als Deutsche im Ausland nicht mit so einem Film konfrontiert werde, der die Deutschen in solche einen kriminelles Licht zeigt, wie vorgestern die Ausländer. (Das ist meine rein persönliche Meinung). Ich lasse meine Gedanken laufen und denke nach, was ich über die Definitionen der Worte "Krise", "Invasion" und "Völkerwanderung" gelesen habe. Auch frage ich mich, ob auch ich ein sogenannter Wirtschaftsflüchtling bin, weil ich des Jobs wegen ins Ausland gegangen bin, wie so viele andere auch ?  Oder diejenigen, die es nach der Öffnung der Mauer in den "goldenen Westen" zog? Aber auch, was für eine Bezeichnung die Wanderungsbewegung der 70-er Jahre verdient, als es unzählige Deutsche nach Italien und Spanien zog. Ich habe mir die statistischen Daten angesehen, dort wurde schon 2013 geschrieben Zitat: "Die Einwanderung nach Deutschland ist damit zu einem wichtigen Wirtschafts- und Kulturfaktor geworden."  Im Gegenzug fiel mir auf, dass bereits 2013 laut Statistika 797.886 Menschen aus Deutschland ausgewandert sind. "goodbye Deutschland" !  - Eigentlich hätte ich mir neuer Zahlen gewünscht, die konnte ich aber nicht finden...

Ich habe mir Interesse halber mal die Zahlen von 2003 bis 2013 der Zuwanderer und der Auswanderer im Vergleich zur der Bevölkerungszahl angeschaut. Das war interessant: in diesem Zeitraum sind rund 7,5 Mio ausgewandert, ca. 9 Mio eingewandert, doch im Gegensatz dazu, hat die Bevölkerungszahl um rund 1 Mio. abgenommen. Für mich bedeutet dies, dass es nicht erst seit Kurzem eine Völkerbewegung gibt, sondern schon viele seit Jahre. Das bringt zwangsläufig auch kulturelle Veränderungen mit sich bringt. Vielleicht interpretiere ich die Zahlen auch falsch, aber ohne die oftmals jungen Einwanderer, hätte meines Erachtens Deutschland ein richtiges soziales Problem in Bezug auf Sozialversicherung, Rente und Co.  - Ergo gibt es auch hier mindestens zwei Seiten der Medallie.

Im Reuepassieren der Nachrichten der letzten Wochen fiel mir auf, dass die Begriffe "Einwanderer", "Flüchtling" und "Immigrant" immer wieder durcheinander geworfen werden und ich bemerkte die krassen Unterschiede und Ausprägungen zwischen der Nachrichtenberichterstattung der unterschiedlichsten Länder. Seit meiner Schulzeit hatte ich es mir angewöhnt, unterschiedliche Berichterstattungen anzuschauen und auch Zeitungen, unterscheidlicher Ausprägung zu lesen. Ich hatte in der Schule ein sehr kluge Deutsch- und Englischlehrerin, die einmal sagte, wenn ihr Euch wirklich eine Meinung bilden wollt, dann müsst ihr mehrere Zeitungen lesen. Dazu sahen wir einen Film, der wurde drei Mal gezeigt, doch jedes Mal mit unterschiedlichen Texten. Es war beeindruckend, wie ein Film durch den Text eine ganz unterschiedliche Aussage erhielt. Das hat mich geprägt. Auch heute fällt mir oft auf, dass die gleichen Bilder an verschiedenen Tagen gezeigt werden, aber mit komplett anderem Text und Inhalt.

Aber zurück zum Thema: da wird von "Flüchtlingskrise" gesprochen. Für mich ist das weniger eine Krise, sondern ein Problem, das dringend nach Lösungen verlangt. Insbesondere wenn ich aus dem Fenster sehe! (Auch meine rein persönliche Meinung)

Ich frage mich, was sind das für Menschen, die bei so einem Mistwetter eine Reise ins Ungewisse wagen? Was für eine Verzweiflung muss in ihnen wohnen, dass sie sich mit ihren alten Eltern, der hochschwangeren Frau und den Kindern Tausende von Kilometern auf den Weg machen? Welche Todesangst und welchen Erfahrungen sind sie entronnen? Es muss der Mut der Verzweiflung sein, der diese Menschen in Bewegung setzt und sie all ihre sozialen Bindungen, ihre Heimat, ihr Zuhause hinter sich lassen lässt !!! Auch frage ich mich, was muss passieren, damit ich meine Kinder einpacke und mich zu Fuss auf eine gefährliche Reise mit unbekannten Ausgang mache ? - Gestern hörte ich in einem Interview, wie einer der Flüchtlinge, die durch Bayern gingen, sinngemäss sagte,"wer hier in so einer schönen Landschaft und Umgebung lebt, der muss wohl 100 Jahre werden und sich glücklich schätzen. Es ist ein Paradies". - Doch ehrlich gesagt, schätzen wir wirklich unser Paradies? - Meine Gedanken gehen wieder zu den Wanderern zwischen den Staaten, die, mit unzureichender Kleidung und schlechtem Schuhwerk, sich den Weg durch den Matsch bahnen. Ich denke, daran, wie ich heute morgen, unsere Tiere gefüttert habe und daran, dass mir trotz Gummistiefel, Regenjacke und warmer Kleidung ungemütlich war und ich mich freute, dass ich nach einer Stunde schlammverdreckt und total verfroren zurück ins warme Haus konnte. Ich sehne mich nach Sonne und trockenem Wetter. Doch ich habe ein warmes und sicheres Heim und muss nicht fliehen....

"Gedanken sind frei!"

- copyright Julietta Guenther -

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